Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8167 Die Formen der Polizeiverwaltung. 153 
Die herrschende Ansicht sieht dagegen in dem Polizeiverord- 
nungsrechte ein übertragenes Gesetzgebungsrecht, in den Polizei- 
verfügungen einfache Verwaltungsakte. Diese Auffassung knüpft 
allerdings an die unrichtige Anschauung an, daß eine Rechtsnorm 
nur als Gesetz oder auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung 
ergehen könne, in der Sache trifft sie jedoch im wesentlichen das 
Richtige, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird. 
Der Zweck jeder polizeilichen Anordnung ist die unmittelbare 
Herstellung eines polizeilichen Zustandes. Die unmittelbare Her- 
stellung eines tatsächlichen Zustandes geschieht aber in der Rechts- 
form der tatsächlichen Anordnung, die für den einzelnen Fall 
wie allgemein ergehen kann. Die Polizei kann eine tatsächliche 
Anordnung unter Strafandrohung, den Schnee vor dem Hause 
zu beseitigen, an eine einzelne Person, sie kann sie an alle Ein- 
wohner des Ortes ergehen lassen, rechtlich ist dabei kein Unter- 
schied vorhanden. Ein solcher könnte nur bestehen nicht in der 
Anordnung selbst, sondern in der Art ihrer Mitteilung, indem 
die Anordnung an eine einzelne Person dieser zuzustellen wäre, 
während bei einer allgemeinen Anordnung das Gesetz eine öffent- 
liche Bekanntmachung zulassen müßte. Erläßt aber die Polizei 
erst einmal eine allgemeine tatsächliche Anordnung ohne einzelne 
Zustellung, so kann sie sich ihre Aufgabe noch mehr erleichtern, 
indem sie gar nicht den bereits vorhandenen polizeiwidrigen Zu- 
stand durch ihre tatsächliche Anordnung beseitigt und den polizei- 
mäßigen Zustand herstellt, sondern unter der Voraussetzung, daß 
ein polizeiwidriger Zustand vorhanden sein sollte, dessen Beseiti- 
gung anbefiehlt. Dann gibt die Polizei nicht tatsächliche An- 
ordnungen, sondern Rechtsnormen. Diese kleiden sich aber her- 
kömmlich nicht in die eben angegebene Form, daß unter der 
Voraussetzung des Vorhandenseins eines polizeiwidrigen Zustandes 
die Herstellung eines polizeimäßigen Zustandes aubefohlen wird. 
Vielmehr wird für diese Rechtsnormen aus Gründen, die mit der 
Rechtskontrolle zusammenhängen, die Form der Strafrechtsnormen 
gewählt. Sie lauten also dahin, daß derjenige, welcher beim Vor- 
handensein eines polizeiwidrigen Zustandes den polizeimäßigen 
nicht herstellt, zu bestrafen sei. Dem Zwecke der staatlichen Tätig- 
keit nach handelt es sich um eine tatsächliche Anordnung. Zur 
Erreichung des Zweckes wird aber nicht die diesem entsprechende
	        
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