Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

154 Das Verwaltungsrecht. 8167 
Form, sondern diejenige der Strafrechtsnorm gewählt. Eine solche 
Rechtsnorm könnte nun wie jede andere Rechtsnorm für den ein— 
zelnen Fall oder allgemein ergehen. 
Es ergeben sich somit vier mögliche Formen polizeilicher Be- 
fehle, eine allgemeine tatsächliche Anordnung und eine solche für 
den Einzelfall, eine allgemeine Rechtsnorm und eine solche für den 
Einzelfall. Die erste und die letzte ist jedoch durch das positive 
Recht ausgeschlossen. Es ergibt sich dies für die allgemeine tat- 
sächliche Anordnung daraus, daß es dafür an einer Verkündigungs- 
sorm fehlt. Die Polizeiverfügung bedarf immer einer einzelnen 
Zustellung und wird eben dadurch, auch wenn sie an alle Ein- 
wohner des Ortes gleichmäßig ergeht, für jeden zu einer An- 
ordnung für den Einzelfall. Eine polizeiliche Rechtsnorm für den 
cinzelnen Fall ist zwar gesetzlich nicht ausgeschlossen?), ihre Un- 
statthaftigkeit ergibt sich aber aus einem allgemeinen, praeter legem, 
ausgebildeten Gewohnheitsrechte. Solche Rechtsnormen kommen 
überhaupt nicht vor, und die Polizeibehörden sind allgemein der 
Ueberzeugung, daß sie auch nicht vorkommen dürfen. Allerdings 
würde begrifflich die Abänderung einer polizeilichen Rechtsnorm 
für den einzelnen Fall selbst wieder eine Rechtsnorm sein müssento). 
Solche Abänderungen für den einzelnen Fall sind aber, abgesehen 
von Dispensationen, eben gewohnheitsrechtlich unzulässig, und 
für cinzelne Anordnungen, die die Abänderung einer polizeilichen 
Rechtsnorm nicht enthalten, bedient sich die Polizei der Form der 
tatsächlichen Anordnung. Es bleiben daher nur zwei Formen übrig, 
die tatsächliche Anordnung für den Einzelfall und die allgemeine 
Rechtsnorm. Erstere bezeichnet man als Polizeiverfügung, letztere 
als Polizeiverordnung. 
III. Die Polizeiverfügung ist demnach ein für den einzelnen Fall 
erlassenc tatsächliche Anordnung. Wie jede tatsächliche Anordnung 
hat sie zum Gegenstande die unmittelbare Herstellung eines be- 
stimmten tatsächlichen Zustandes, mag dieser polizeimäßige Zu- 
stand nicht vorhanden oder in seinem Bestande bedroht sein. Es 
fallen daher unter den Begriff der Polizeiverfügung Gebote und 
9) Deehalb wird sie z. B. von Rosin a. a. O. S. 154 ff. für zu- 
lässig erachtet. Die Dispensationen befreien von der Rechtsnorm überhaupt, 
so daß sie unanwendbar wird. 
10) Vgl. Bd. 1, S. 467.
	        
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