Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8167 Die Formen der Polizeiverwaltung. 159 
unter i noch eine allgemeine Klausel hinzugefügt wird, wonach 
nicht nur jene Gegenstände, sondern auch alles andere, was im 
besonderen Interesse des Polizeibezirks oder seiner Angehörigen 
polizeilich geregelt werden muß, unter das Polizeiverordnungsrecht 
fällt. Das Erfordernis eines besonderen Interesses enthält keine 
Einschränkung dieser allgemeinen Klausel, da jede Polizeiverord- 
nung, auch über die unter a—-h genannten Gegenstände, ein solches 
besonderes Interesse des Polizeibezirks oder seiner Angehörigen 
an der polizeilichen Regelung zur selbstverständlichen Voraussetzung 
hat. Indem also das Gesetz selbst die Einzelaufzählung durch 
eine allgemeine Klausel ergänzt, welche Polizeiverordnungen auch 
über alle sonstigen polizeilichen Gegenstände zuläßt, legt es seiner 
Aufzählung nur den Charakter von Beispielen bein). Das Recht 
zum Erlasse von Polizeiverordnungen ist also wie das zum Er- 
lasse von Polizeiverfügungen nur an die allgemeinen Schranken 
des § 10 II, 17 ALR. gebunden. 
Keine Polizeiverordnung darf ferner, wie die Gesetze aus- 
drücklich hervorzuheben für nötig befindenso), Bestimmungen ent- 
halten, welche mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer 
höheren Stelle im Widerspruche stehen. Wann ein solcher Wider- 
spruch vorliegt, erscheint lediglich als eine Frage des einzelnen 
Falles. Unter den Verordnungen einer höheren Stelle können 
19) Uebereinstimmend v. Rönne, Pr. StR. Bd. 1, S. 384 N. Lc., 
Rosin a. a. O. S. 51. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte des 
Gesetzes. Vgl. besonders Sten. Ber. der 1. Kammer 1850, S. 2330 ff. Die 
Frage ist fortgesetzt Gegenstand einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem 
Kammergerichte, welches in der Aufzählung unter a—i die rechtliche Grund- 
lage, und dem Oberverwaltungsgerichte, welches darin Beispiele sieht. 
Insbesondere fordert das Kammergericht zur Rechtsgültigkeit einer Polizei- 
verordnung auf Grund der Ziff. i, daß ihm das besondere Interesse des 
Bezirks oder seiner Angehörigen an dem Erlasse der Verordnung nach- 
gewiesen wird, und hält z. B. eine Verordnung für ungültig, wenn das 
Interesse an der Regelung nicht bloß für den betr. Bezirk, sondern für 
den ganzen Staat vorliegt. Vgl. besonders Entsch. des Kammergerichts 
vom 5. Juli 1883 — Johow und Küntzel, Jahrbuch Bd. 4, S. 256 —, 
vom 1. April 1886 — Wochenschrift Selbstverwaltung 1886, S. 165 —. 
Dagegen das Urteil des O##. vom 6. Juni 1885 — a. a. O. 1885, 
S. 396 —, welches denselben Fall behandelt, wie letztgedachte Entsch. 
20) § 15 des Ges. vom 11. März 1850, 813 der V. vom 20. Sept. 
1867, § 13 des lauenb. Ges. vom 7. Jan. 1870.
	        
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