Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

166 Das Verwaltungsrecht. 9 167 
durch eine Polizeiverordnung gesichert ist, daß sie beispielsweise 
eine Handlung bei Strafe gebietet oder verbietet, die bereits durch 
Polizeiverordnung geboten oder verboten ist, und zwar selbst dann, 
wenn wegen Uebertretung der Polizeiverordnung bereits ein ge- 
richtliches Strafverfahren stattgefunden hat. Es würde sich fragen, ob 
hierdurch nicht der Grundsatz: „ne bis in idem“ verletzt wird. Es 
stehen sich hier zwei Ansichten gegenüber. Die eine geht aus von 
dem Charakter der Strafe in den Strafrechtsnormen als Zufügung 
eines Uebels wegen einer begangenen Uebertretung. Diesen Cha- 
rakter habe zwar die Strafe der Polizeiverordnung, nicht aber die 
der Polizeiverfügung. Letztere Strafe sei vielmehr lediglich Zwangs- 
mittel. Bei der wesentlichen Verschiedenheit der Strafe in der 
Polizeiverordnung und in der Polizeiverfügung sei ein Wettbewerb 
beider nicht ausgeschlossen"o). Die entgegengesetzte Ansicht führt 
dagegen aus, eine innere Verschiedenheit beider Arten von Strafen 
bestehe nicht, beide hätten den Charakter des psychologischen 
Zwanges, um zu gewissen Handlungen oder Unterlassungen zu 
nötigen. Demgemäß sei zur Erzwingung einer durch Verfügung 
befohlenen Handlung oder Unterlassung die Anwendung eines 
psychologisch wirkenden behördlichen Zwangsmittels ausgeschlossen, 
wenn dieselbe Handlung bereits durch eine Strafrechtsnorm ge- 
boten seist). Diese letztere Ansicht erscheint als die richtige. Es 
wurde bereits ausgeführt, daß die Polizeiverordnung denselben 
Zweck verfolgt wie die Polizeiverfügung, die Herstellung des polizei- 
mäßigen Zustandes. In beiden Fällen ist die Strafe nur das 
Mittel zur Erreichung des Zweckes, sie ist auch bei der Polizei- 
verordnung nicht Zufügung eines Uebels für cine begangene Straf- 
tat, sondern executio ad faciendum. Damit erscheint es aus- 
geschlossen, daß dasselbe Ziel gleichzeitig durch zwei verschiedene 
Zwangsmittel, durch Anklage wegen Polizeiübertretung und durch 
Strafandrohung mittels Verfügung, verfolgt wird. Wohl aber 
können beide Zwangsmittel derart nebeneinander hergehen, daß 
demjenigen, der sich bereits einer Polizeiübertretung schuldig ge- 
40) Entsch. des OVG. vom 7. April 1877, Bd. 2, S. 2956, später ver- 
lassener Rechtsgrundsatz. 
"(1) Nosin a. a. O. S.108; Parey a. a. O. S. 21; v. Brauchitsch 
(10. A.) Bd. 1, S. 140; Entsch des OB#G. vom 26. Febr. 1879 — Ml- 
der inn. Verw. 1879, S. 232 — und 9. April 1879, Bd. 5, S. 278.
	        
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