Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8169 Die höhere Sicherheitspolizei. 181 
zwei Richtungen hin an rechtliche Schranken gebunden, hinsichtlich 
des Versammlungs- und Vereinswesens und hinsichtlich des Preß— 
wesens. 
Um den rechtlichen Charakter dieser Verwaltungsnormen zu 
beurteilen, muß man sich zunächst einmal vergegenwärtigen, welcher 
Zustand vorhanden sein würde, wenn diese Normen nicht beständen. 
In diesem Falle hätte jeder Staatsangehörige, vorausgesetzt, daß 
er kein Strafgesetz verletzt und niemandem zivilrechtlichen Schaden 
zufügt, die volle Freiheit der Bewegung. Es könnten, ohne daß 
die einzelnen irgendwelche Vorbedingungen zu erfüllen brauchten, 
Vereine gebildet, Versammlungen berufen, Reden gehalten und 
Preßerzeugnisse verbreitet werden. Die Freiheit des Handelns für 
die Staatsangehörigen wäre nach keiner Richtung hin beengt. Die 
gleiche Bewegungsfreiheit hätte aber auch die Polizeibehörde. Sie 
könnte auf Grund der ihr durch § 10 II, 17 ALR. gegebenen Zu- 
ständigkeit zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ord- 
nung jede Versammlung und jeden Verein verbieten, jedes Preß- 
erzeugnis unterdrücken oder sein Erscheinen von einer besonderen 
Erlaubnis abhängig machen. Es leuchtet ein, daß die volle Freiheit 
des Handelus für die Staatsangehörigen einfach aufgehoben würde 
durch die volle Freiheit des Handelns für die Behörden. Indem 
das Vereins-, Versammlungs= und Preßrecht gesetzlich geregelt 
wird, zieht der Staat der Freiheit des Handelns für Behörden und 
Staatsangehörige feste Schranken, gewährt aber nunmehr inner- 
halb dieses beschränkteren Kreises seinen Angehörigen eine vor 
Eingriffen der Behörden vollständig gesicherte Handlungsfreiheit. 
Die Normen der höheren Sicherheitspolizei haben also inhaltlich 
zum Gegenstande Beschränkungen der Handlungsfreiheit von Be- 
hörden und Staatsangehörigen, ihr politischer Zweck besteht in 
der Sicherung der Handlungsfreiheit der Staatsangehörigen inner- 
halb der gesetzlichen Schranken durch Verweisung der Behörden 
auf gesetzliche Schranken. 
Das Wesentliche dieses das Vereins-, Versammlungs= und 
Preßrecht umfassenden Verwaltungszweiges ist zu sehen in der 
lufhebung der allgemeinen Klauseln des Polizeirechts zugunsten 
einer festen gesetzlichen Regelung. In den Gesetzen über das Ver- 
ammlungs= und Vereinswesen und über die Presse wird entweder 
ausdrücklich oder stillschweigend ausgesprochen, daß jede über das
	        
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