184 Das Verwaltungsrecht. 8169
spruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereins—
rechte unerlaubt ist oder verboten werden kann, oder wenn er
einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt.
Dieser Einspruch kann vom Vorstande des Vereins im Wege des
gewerberechtlichen Rekursverfahrens angefochten werden. Zu—
ständig ist in Preußen nach der Verordnung vom 16. November
18995) für den Einspruch der Landrat, in Stadtkreisen die Orts-
polizeibehörde. Die Anfechtung des Einspruches erfolgt durch Klage
im Verwaltungsstreitverfahren beim Bezirksausschusse.
Alle Reichsangehörigen haben das Recht, zu Zwecken, die
den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden und sich
zu versammeln. Dieses Recht unterliegt vereinspolizeilich nur den
reichsrechtlichen Beschränkungen. Gegenüber Ausländern greift
dagegen die allgemeine Klausel des § 10 II, 17 ALR. Platz.
Daneben bleiben für Inländer wie Ausländer die allgemeinen
sicherheitspolizeilichen Bestimmungen in Kraft, soweit es sich um
die Verhütung unmittelbarer Gefahr für Leben und Gesundheit
der Teilnehmer an einer Versammlung handelt (§ 1 VG.). Ein
Verein, dessen Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft, kann aufgelöst
werden. Die Auflösung, die im Verwaltungsstreitverfahren an-
gefochten werden kann, ist öffentlich bekannt zu machen (§2 VG.).
Besonderen Beschränkungen unterliegen politische Vereine und
Versammlungen. Der Begriff der politischen Angelegenheiten in
diesem Sinne stand schon bisher durch die Praxis fest. Politische
Angelegenheiten decken sich nicht mit öffentlichen Angelegenheiten,
solchen, die die Allgemeinheit interessieren. Politisch wird sie erst,
wenn eine Einwirkung auf die Betätigung der Staatsgewalt be-
absichtigt ist.
Politische Vereine müssen einen Vorstand haben, der binnen
zwei Wochen nach der Gründung Satzung und Verzeichnis der
Mitglieder des Vorstandes in deutscher Sprache der Polizeibehörde
einzureichen hat. Dasselbe gilt von jeder Aenderung (8 3 VG.).
Nur Wahlvereine, die vorübergehend von der amtlichen Bekannt-
machung des Wahltages an bis zur Beendigung der Wahlen zu
deren Vorbereitung zusammentreten, unterliegen dieser Be-
schränkung nicht (§ 4 V.).
:) GS. 1899, S. 562.