Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8172 Die Gesundheitspolizei. 215 
mungen erlassenen kaiserlichen Verordnungen sind dem Reichstage, 
sofern er versammelt ist, sofort, andernfalls bei dessen nächstem 
Zusammentreten vorzulegen und, soweit der Reichstag dies verlangt, 
außer Kraft zu setzen. Zuwiderhandlungen gegen die kaiserlichen 
Verordnungen werden mit Geldstrafe bis 150 M) oder Haft bedroht. 
Landesrechtliche Vorschriften dürfen eine höhere Strafe nicht an- 
drohen (68 5—8)). 
Das Nahrungsmittelgesetz bedroht endlich gewisse Fälle der 
Fälschung von Nahrungs-, Genußmitteln und Verbrauchsgegen- 
ständen mit Geld= und Freiheitsstrafe. Hier handelt es sich aber 
um gewöhnliche Strafrechtsnormen, für welche die Sorge um die 
Gesundheit nur ein gesetzgeberisches Motiv bildet. Die Bestim- 
mungen fallen also nicht mehr in das polizeiliche Gebiet. 
Durch besonderes Gesetz vom 15. Juni 189 710) ist der Verkehr 
mit Kunstbutter (Margarine) geregelt. Alle der Milchbutter ähn- 
lichen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht ausschließlich der Milch 
entstammt, dürfen nur unter der Bezeichnung „Margarine“ an 
den Verkaufsstellen, Gefäßen oder Umhüllungen gewerbsmäßig 
verkauft oder feilgehalten werden. Die Vermischung der Butter 
mit Kunstbutter oder anderen Speisefetten ist gleichfalls verboten. 
Entsprechende Verbote richten sich gegen künstliche Süßstoffe 
(Saccharin) u) und gegen Weinverfälschungu). 
III. Gegen die gemeingefährlichen Krankheiten richtet sich das 
Reichsseuchengesetz vom 30. Juni 1900½). Danach ist jeder Er- 
krankungs-, Todes= und Verdachtsfall an Aussatz (Lepra), Cholera 
(asiatischer), Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orienta- 
lischer Beulenpest) und Pocken (Blattern) von dem Arzte, dem 
Haushaltungsvorstande, jeder sonst mit der Behandlung oder Pflege 
des Erkrankten beschäftigten Person, dem Inhaber der Wohnung 
oder Behausung und dem Leichenschauer der Polizeibehörde an- 
) Auf Grund dieser Bestimmungen sind kaiserliche Verordnungen er- 
gangen vom 1. Februar 1891 über das Verbot von Maschinen zur Her- 
stellung künstlicher Kaffecbohnen, am 24. Juli 1908 über den Verkehr mit 
Essigsäurc. 
10) Rl. 1897, S. 472. Vgl. dazu Bek. vom 4. Juli 1897 — 
. a. O. S. 591 —. 
11) Ges. vom 7. Juli 1902 — NGl. 1902, S. 253 —. 
12) Ges. vom 7. April 1909 — Rl. 1909, S. 393 —. 
13) RBl. 1900, S. 306.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.