Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

175 Geschichtliche Eutwicklung der Armenpslege. 251 
der Bürgerschaft verordnet werden sollten. Die Inspeltoren mußten 
ihr Amt drei Jahre lang unentgeltlich verwalten. Ueber die Be— 
obachtung der Verordnungen auf dem Gebiete des Armenwesens 
hatten in den Immediatstädten die Steuerkommissare zu wachen. 
Auf dem flachen Lande verblieb die Verpflichtung zur Armenpflege 
den Gerichtsobrigkeiten. Im wesentlichen auf demselben Stand— 
punkte stehen die weiteren Edikte vom 19. September 1708, 
10. Februar 1715, 21. Juni 1725 und 28. April 1748. Nur in 
Schlesien wurde 1747 der Versuch gemacht, an Stelle der vielfach 
unzureichenden Armenfürsorge durch die Ortsobrigkeiten auf dem 
flachen Lande mehrere ländliche Ortschaften zu einem Gesamt- 
armenverbande zu vereinigen. 
Erst seit Ende des 18. Jahrhunderts findet die örtliche Armen- 
pflege ihre weitere Ergänzung durch die der größeren Kommunal- 
verbände. Für die Unterhaltung derjenigen Personen, welche nicht 
ortsangehörig waren und deshalb auch von keiner Gemeinde oder 
Gutsobrigkeit unterhalten werden mußten, wurden Armenhäuser 
errichtet. Die Einrichtung selbst war allerdings noch sehr un- 
vollkommen, da verschuldete und unverschuldete Arme, vielfach auch 
Militärinvaliden und Geisteskranke in einem Hause vereinigt 
wurden. Die Unterhaltung dieser Armen-, Arbeits= und Invaliden= 
häuser wurde den einzelnen ständischen Verbänden der geschichtlichen 
Gebiete auferlegt. Die Kosten, soweit sie durch den Arbeitsertrag 
der Insassen der Arbeitshäuser nicht gedeckt wurden, sollten durch 
eine direkte, auf die Feuerstellen des Landes gelegte Armensteuer 
aufgebracht werden, von der auch der Adel nicht befreit war, und 
zwar erfolgte die Erhebung der Armensteuer durch Zuschläge zu 
den Grundsteuern. Die Vertretung der Verbände war verschieden 
geregelt, eine solche des Bauernstandes fand aber nirgends statt. 
Das ALR. II, 19: „Von Armenanstalten und anderen 
milden Stiftungen“ saßt auch hier nur das längst geltende Recht 
zusammen. Es wiederholt die bereits seit einem Jahrhundert gel- 
tenden zwei Hauptgrundsätze des preußischen Armenrechts, indem 
es für eine Staatspflicht erklärt die Sorge für die Ernährung 
und Verpflegung derjenigen Bürger, die sich ihren Unterhalt nicht 
selbst verschaffen und ihn auch von anderen Privatpersonen, welche 
nach besonderen Gesetzen dazu verpflichtet sind, nicht erhalten 
können, und indem es ferner anordnet, daß diejenigen, die nur
	        
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