Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

96177 Der Unterstützungswohnsitz. 263 
dem Aufenthalte versteht, d. h. der rein tatsächlichen Verbindung 
des einzelnen mit einem Orte ohne Rücksicht auf die Absicht des 
Aufenthaltnehmers. Ebenso wenig deckt sich aber der Begriff des 
armenrechtlichen Aufenthaltes mit dem des zivilrechtlichen Wohn- 
sitzes. Von letzterem unterscheidet er sich dadurch, daß es nicht 
ankommt auf die den Aufenthaltnehmer bestimmenden Gründee). 
Es ist also nicht notwendig, daß er beabsichtigt, bis auf weiteres 
an dem Orte zu bleiben und ihn zum Mittelpunkte seiner Lebens- 
lätigkeit zu machen. Der Wille des Betreffenden ist aber auch 
nicht in dem Maße gleichgültig, daß der Aufenthalt nur die rein 
tatsächliche Beziehung zum Orte darstellte. Vielmehr ergibt sich 
aus den gesetzlichen Bestimmungen, wonach eine nicht auf der 
freien Willensentschließung beruhende Wahl des Aufenthaltsortes 
für die Begründung des Unterstützungswohnsitzes nicht in Be- 
tracht kommt, daß der Aufenthalt nicht bloß tatsächlich vorhanden, 
sondern auch von dem Aufenthaltnehmer gewollt sein muß. Der 
armenrechtliche Aufenthalt ist also das aus der freien Willens- 
entschließung des Betreffenden hervorgegangene Verweilen an einem 
Orte. Gleichgültig ist es dagegen, ob diese Willensbestimmung 
eine berechtigte war, auch der polizeilich Ausgewiesene kann daher 
durch unbefugte Rückkehr den Unterstützungswohnsitz erwerbem.). 
Ebensowenig kommt es an auf die Art, in der der Aufenthalt 
geführt wurde, also auf eigenen Hausstand, eigene Wohnung usw.#). 
Durch Aufenthalt erwirbt den Unterstützungswohnsitz, wer 
innerhalb eines Ortsarmenverbandes') nach zurückgelegtem 
16. Lebensjahre ein Jahr lang unnnterbrochen seinen gewöhnlichen 
Aufenthalt gehabt hatio). Die zweite Frist läuft von dem Tage, 
an welchem der Aufenthalt begonnen ist. Durch den Eintritt in 
  
6) Entsch. des BA. 11, 5; 14, 1. 
7) Entsch., des BA. 4, 76; 6, 2; 3, 11, 5. 
8) Entsch. des B. 4, 3, 4, 10; 5,9; 6, 1, 2, 8; 7, 1; 8, 1; 10, 
1; 11, 5, 7; 14, 1, 2; 16, 2. 
5) Nach Ansicht des BüA. Entsch. 14, 4 genügt nicht der zweijährige — 
JGalso jetzt einjährige — Aufenthalt an einem Orte, der während dieser 
deit verschiedenen Ortsarmenverbänden angehört hat. 
10) Das Lebensalter war ursprünglich das 24., seit der Novelle von 
1894 das 18., seit der von 1908 das 16. Die Zeit ursprünglich zwei 
Jahre, seit der Novelle von 1908 ein Jahr.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.