8180 Geschichtl. Entwicklung d. gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse. 295
standes umfaßt ebenfalls den Zeitraum von zwei Jahrhunderten,
von Anfang des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts. Insbe-
sondere konnte in den ersten Zeiten der absoluten Monarchie,
unter dem Großen Kurfürsten und zum Teil auch unter Fried-
rich III./I. bei den zahlreichen wichtigeren Aufgaben, welche sich
an das neue Staatswesen herandrängten, für die Verbesserung der
wirtschaftlichen Lage des Bauernstandes nichts geschehen. Erst die
absolute Monarchie des 18. Jahrhunderts hat sich dieser staatlichen
Tätigkeit der sozialen Reform gewidmet, und damit beginnt die
dritte Periode in der Entwicklung der gutsherrlich-bäuerlichen Ver-
hältnisse, welche den Grund gelegt hat zur Lösung dieser sozialen
Frage. Die Reformtätigkeit schlägt hierbei verschiedene Wege ein,
je nachdem es sich handelt um die Bauern in den staatlichen
Domänenbezirken oder um diejenigen der Rittergüter. Rechtlich
war die Stellung beider bisher vollkommen gleich gewesen. Der
König war Gutsherr der Domänen wie die Rittergutsbesitzer Guts-
herren der Rittergüter. In dem einen wie in dem anderen Falle
waren die Bauern dem Gutsherren zu Zinsleistungen und Diensten
verpflichtet, hatten sie ein vom Gutsherren abgeleitetes Eigentums-
und Besitzrecht. Ob die Domänen verwaltet oder verpachtet wurden,
war hierbei ebenso gleichgültig wie die Tatsache, ob ein Ritterguts-
besitzer sein Gut selbst bewirtschaftete, verwalten oder verpachten
ließ. Die Leistungen der Bauern teilten als zu dem Gute gehörig
in jeder Beziehung das Schicksal des Hauptgutes. Wenn die
preußische Agrarpolitik des 18. Jahrhunderts gegenüber den
Domänenbauern eine andere war als gegenüber den Privatbauern,
so lag dies nicht an der verschiedenen rechtlichen Stellung beider,
sondern nur daran, daß hinsichtlich der Verbesserung der Lage der
Domänenbauern ein Interessengegensatz verschiedener Gesellschafts-
assen, des Großgrundbesitzes und des bäuerlichen Besitzes, wo
der Staat Gutsherr war, nicht vorlag, und deshalb die soziale
Reform mit größerer Entschiedenheit begonnen werden konnte.
Vereinzelte Versuche unter Friedrich I. und Friedrich Wil-
helm I., die Lage der Domänenbauern zu verbessern, hatten keinen
großen Erfolg. Sie beschränkten sich im wesentlichen auf die seit
1718 erfolgte Aufhebung der teilweise auf den pommerschen und
preußischen Domänen bestehenden Leibeigenschaft zugunsten der
milderen märkischen Erbuntertänigkeit. Die weiteren Pläne, den