Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8 180 Geschichtl. Entwicklung d. gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse. 301 
Nach den Befreiungskriegen machte sich dies Widerstreben des 
Großgrundbesitzes gegen die Hardenbergische Gesetzgebung in er— 
höhtem Maße geltend. Unter diesen Einflüssen erging am 29. Mai 
1816 ein neues Gesetz, welches zwar als bloße Deklaration des 
Regulierungsediktes bezeichnet wurde, tatsächlich aber ganz neue 
Grundsätze enthielt. Zunächst wurde, um den Gutsherren ihre 
Arbeitskräfte zu sichern, das früher den oberschlesischen Groß— 
grundbesitzern gemachte Zugeständnis auf den ganzen Staat aus— 
gedehnt durch Beschränkung der Regulierungsfähigkeit der Bauern— 
güter. Während diese nach dem älteren Edikte nicht begrenzt war, 
sollten nunmehr nur noch die spannfähigen, katastrierten Bauerngüter 
alten Bestandes, die der Gutsherr bisher zu besetzen verpflichtet 
gewesen war, der Regulierung unterliegen, während für alle Stellen, 
bei denen eins dieser Merkmale fehlte, der bisherige Zustand er- 
halten blieb. Außerdem wurde nicht nur den Bauern, sondern 
auch den Gutsherren die Befugnis eingeräumt, statt der Normal- 
entschädigung auf Ermittlung des wahren Wertes der bäuerlichen 
Lasten anzutragen, also unter Umständen mehr zu verlangen als 
ein Drittel oder die Hälfte der bäuerlichen Stelle. Nur wenn die 
Entschädigung so hoch war, daß die Stelle nach deren Leistung 
in Land nicht mehr spannfähig geblieben wäre, konnte die Guts- 
herrschaft zur Annahme einer Rente statt Landes gezwungen werden. 
Das Ergebnis dieser Regulierungsgesetzgebung besteht im 
wesentlichen in der Erhaltung der wirtschaftlichen Stellung des 
Großgrundbesitzes, der durch die Regulierung zum wenigsten nichts 
verloren hat. Die Tatsache, daß ein allerdings noch schwacher 
persönlich und dinglich freier Bauernstand sich entwickelt, wird 
reichlich dadurch aufgewogen, daß der Gutsherr sein unmittelbares 
Eigentum durch Einziehung bisheriger Bauernstellen zu den Vor- 
werken und durch die Landentschädigungen bedeutend erweitert hat. 
Daneben bleibt die große Mehrzahl der ländlichen Bevölkerung 
in ihren ungenügend geschützten Besitzverhältnissen, nicht einmal 
der Bestand dieser bäuerlichen Stellen war mehr dem Gutsherren 
gegenüber gesichert. 
Die Regulierungsgesetzgebung galt nun aber bloß in den 1807 
dem Staate verbliebenen Landesteilen. In den 1815 neu oder 
wieder erworbenen Gebieten waren die Rechtsverhältnisse sehr 
verschieden.
	        
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