Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

438 Das Verwaltungsrecht. g 192 
und Zeitversäumnis, deren Ablehnung unstatthaft ist. Das Dissi— 
plinarverfahren gegen die Mitglieder des Gewerbegerichtes findet 
in den Formen des gewöhnlichen Strafverfahrens vor dem Land— 
gerichte statt. Außerdem hat der Vorsitzende ein Ordnungsstraf- 
recht gegen die Beisitzer. 
Das Verfahren vor den Gewerbegerichten ist das amtsgericht- 
liche mit geringen Abweichungen, wie Ausschließung der Rechts- 
anwälte von der Parteivertretung, Leitung des Zustellungswesens 
durch die richterliche Dekretur, Abkürzung der Fristen und Herab- 
setzung der Kosten. Berufungs= und Beschwerdegericht ist das Land- 
gericht des Bezirks. Die Einlegung der Berufung ist jedoch an 
einen Streitbetrag von 100 M. geknüpft. 
Unberührt geblieben ist die Zuständigkeit der Innungen zur 
Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und ihren 
Lehrlingen, sowie der Innungsschiedsgerichte. Die Zuständigkeit 
einer Innung oder eines Innungsschiedsgerichtes schließt diejenige 
eines für den Bezirk der Innung bestehenden oder später errichteten 
Gewerbegerichtes aus. 
Die auf Grund der Landesgesetzgebung zur Entscheidung 9 
werblicher Streitigkeiten berusenen Gewerbegerichte sind mit dem 
1. April 1892 insoweit aufgehoben, als die Beisitzer nicht zu 
gleichen Teilen aus Arbeitgebern und Arbeitern durch unmittelbart 
und geheime Wahl bestellt sind. In Preußen betraf dies die in 
dem Oberlandesgerichtsbezirke Köln auf Grund des französischen 
Gesetzes vom 18. März 1806, der Dekrete vom 11. Juni 1809 
3. August 1810 und 17. Dezember 1811 über die Conseil-s de 
prudhommes und der Verordnung vom 7. August 1846 bestehendet 
königlichen Gewerbegerichte. Diese Gewerbegerichte wurden an 
Antrag der Handelskammer aus Fabrikanten, Werkmeistern un 
Handwerkern in der Weise gebildet, daß die Zahl der Fabrikanten 
die der Werkmeister und Handwerker übersteigen mußte. Ein Geseb 
vom 11. Juni 189110) gestaltete die rheinischen Gewerbegerichte 
den reichsrechtlichen Anforderungen gemäß um und ermöglichtt 
damit deren Fortbestand. » 
Soweit ein zuständiges Gewerbegericht nicht vorhanden isl- 
kann bei gewerblichen Streitigkeiten jeder Teil die Entscheidund 
——. — — — 
10) GS. 1891, S. 311.
	        
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