St
9195 Kaufmännische Interessenvertretungen. 45
§ 195. Kaufmännische Interessenvertretungen.
In ähnlicher Weise wie der Gewerbebetrieb allgemein an die
muung, war der Gewerbebetrieb der Kaufleute insbesondere an die
Bugehörigkeit zu der in dem betreffenden Orte bestehenden kauf-
männischen Vereinigung, die man meist als kaufmännische Gilde
bezeichnete, geknüpft. Noch das ALR. II, 8 88 479 ff. macht die
echte eines Kaufmanns von der Aufnahme in die Kaufmanns-
gilde, nachdem den Erfordernissen der Innungsartikel Genüge ge-
eistet ist, abhängig, sofern an einem Orte eine solche Kaufmanns-
gilde vorhanden ist. Trotz der Aehnlichkeit dieser Gilden mit den
nnungen der Handwerker, haben sie sich doch von den Mißbräuchen
es Zunftwesens im ganzen und großen freigehalten. In den
ülden der größeren Handelsstädte, die eine bedeutende Anzahl von
aufleuten in sich vereinigten, war daher ein lebensfähiges Element
zur Organisierung einer kaufmännischen Interessenvertretung vor-
handen. Dagegen fehlte ein solches für den übrigen Teil des
andes, da die etwa bestehenden Gilden kleinerer Städte wegen
der geringen Zahl ihrer Mitglieder und wegen der Beschränkung
des Gesichtskreises als geeignete Interessenvertretung nicht gelten
bnnten.
„
Hier bot das französische Recht eine geeignete Ergänzung. Unter
künzöfischer Herrschaft waren in der Rheinprovinz auf Grund
es Konsularbeschlusses vom 3. nivöse X (24. Dezember 1802),
er sich seinerseits an das ältere französische Recht anschloß, für
veitere Gebiete besondere Handelskammern errichtet worden. Im
sahre 1844 machte man in Preußen den ersten Versuch einer
Uebertragung jener Einrichtung auf die anderen Landesteile, indem
man Handelskammern zu Erfurt, Hagen und Halle begründete.
ieser Versuch gelang so gut, daß schon die Verordnung vom
ur Februar 18481) die Einrichtung in dem ganzen damaligen
Mfange der Monarchie einführte und die Verfassung der Handels-
ammern allgemein regelte, ohne jedoch die an einzelnen Orten
Lunlehenden kaufmännischen Korporationen zu beseitigen. In ähn-
er Weise waren für einzelne Teile der neuen Provinzen, für
rankfurt a. M. 1817, für Nassau 1863 und für Hannover 1866
—bbelskammern errichtet worden. Zur Herstellung eines einheit-
1) GS. 1848, S. 63.