Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

3153 Die Kontingentsherrlichkeit. 41 
ist, sondern sich nach den vom Reiche gegebenen Normen zu richten 
hat. Für die Entscheidung der vorliegenden Frage ist aber die aus- 
schließliche Gesetzgebungsbefugnis des Reiches von erheblicher Be- 
deutung. Es ergibt sich aus ihr, daß alle militärischen Rechte der 
Kontingentsherren vom Reiche abgeleitet sind und, soweit sie nicht 
etwa den Charakter von Reservatrechten haben, jederzeit durch eine 
einseitige Willenserklärung des Reiches entzogen werden können. 
Da jede Befugnis des Kontingentsherren aus dem Willen des 
Reiches hervorgeht, so ist der Kontingentsherr als solcher nichts 
als ein Organ des Reiches. Selbst wenn die Kontingentsherren 
die Dienstherren ihrer Truppen sein sollten, würden sie zu ihnen 
doch nur eine ähnliche Stellung einnehmen wie ein Kommunal= 
verband zu seinen Beamten, nur mit dem Unterschiede, daß in 
diesem Falle auch die Besoldung nicht von dem Dienstherren gewährt 
werden würde. Ob man eine solche Dienstgewalt, die lediglich 
beruhte auf dem Willen eines übergeordneten staatlichen Organis= 
mus und dazu diente, dessen Willen zur Ausführung zu bringen, 
noch als Militärhoheit bezeichnen kann, mag dahingestellt bleiben, 
da nicht einmal eine untergeordnete Dienstgewalt der Kontingents- 
herren über ihre Truppen besteht. 
Für die Frage, ob das Reich oder die Kontingentsherren 
Inhaber der Dienstherrlichkeit über die Truppen sind, erscheint 
wie der Sprachgebrauch der Reichsverfassung überhaupt, so auch 
die Bestimmung des Art. 63, wonach die gesamte Landmacht des 
Reiches ein einheitliches Heer bildet, vollständig gleichgültig. Da 
der gleiche Ausdruck auch bei der Kriegsmarine gebraucht wird, 
über welche zweifellos den Einzelstaaten keinerlei Befugnisse zu- 
stehen, so würde es allerdings sehr auffallend sein, wenn das Wort 
bei der Kriegsmarine eine staatsrechtliche, bei dem Landheere nur 
eine militärisch-technische Bedeutung haben sollte. Allein möglich 
ist eine solche mangelhafte Uebereinstimmung immerhin, und es 
kann deshalb auf den Ausdruck kein weiterer Wert gelegt werden. 
Entscheidend ist es dagegen, ob die Wehrpflicht dem Reiche 
oder den Einzelstaaten geleistet wird. Im ersteren Falle muß sie 
ein Ausfluß der Reichsangehörigkeit, im letzteren ein solcher der 
Staatsangehörigkeit sein. Wäre letzteres zutreffend, so bliebe die 
Frage unentschieden, in welcher Weise denn diejenigen Reichs- 
angehörigen, welche nicht Angehörige eines deutschen Staates sind,
	        
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