Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

9199 Die Eisenbahnen. 489 
Soweit der Staat in privatrechtlichen Verkehr tritt, fingiert 
er sich als Privatperson. Er unterwirft sich daher den allge- 
meinen Normen des Privatrechts und in den daraus entspringenden 
Rechtsstreitigkeiten mit seinen Angehörigen der Rechtsprechung seiner 
eigenen Gerichte. Die Fiktion beschränkt sich aber im allgemeinen 
nicht auf das Gebiet des Privatrechts, sondern greift auch in das 
öfentliche Recht über. Es wird daher anerkannt, daß, soweit der 
privatrechtliche Verkehr. öffentlichrechtlichen Beschränkungen unter- 
worfen ist, diese auch dem Staate gegenüber Platz greifento). 
Wendet man dies auf den Eisenbahnbetrieb an, so würde der 
Staat für jede Eisenbahnunternehmung, die er beginnt, ebenso wie 
eder Privatunternehmer der Genehmigung der zuständigen Behörde 
bedürfen. Dies ist jedoch nicht der Fall, vielmehr wird die fingierte 
Gleichstellung des Staates mit den Privatunternehmern auf die 
Zulassung zum Betriebe einer Eisenbahnunternehmung nicht aus- 
gedehnt. Diese Verschiedenheit findet ihre Erklärung in dem 
manzrechte. Der Beginn eines Eisenbahnunternehmens durch 
den Staat hat stets eine bedeutende finanzielle Belastung für ihn 
zur Folge. Diese kann aber nur auf Grund eines Gesetzes statt- 
finden. Der Staat ist daher auch nur auf Grund eines Gesetzes 
instande, eine Eisenbahn zu bauen oder zu übernehmen. In dem 
Cesetze hat der Staat selbst den Willen ausgesprochen, einen be- 
immten Eisenbahnbetrieb zu beginnen. Dieser Staatswille ist 
r die Behörden unbedingt bindend, seine Durchführung kann 
beshalb von ihnen nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß 
lie dem Staate die Genehmigung verweigern. Damit hat die 
Zulassung zum Eisenbahnbetriebe für den Staat und für den 
Privatunternehmer eine verschiedene Grundlage gewonnen, beim 
taate ist sie das Sondergesetz, bei Privatunternehmern die Ge- 
igung. 
be Das Sondergesetz als Grundlage des staatlichen Eisenbahn- 
zriebes bietet zu besonderen Erörterungen keinen Anlaß. Wenn 
Et sich um die Neuanlage einer Eisenbahn handelt, nimmt der 
* gat für das Unternehmen das Enteignungsrecht durch besondere 
onigliche Verordnung in Anspruch. Dies ist jedoch nicht er- 
rderlich, wenn das Sondergesetz, wie dies neuerdings in Preußen 
— 
10) Val. 8 167.
	        
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