Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

572 Das Verwaltungsrecht. 8 209 
sollte, eine gesetzliche Festsetzung erfolgt. Diese würde dann aber 
einen wesentlich anderen Charakter haben als bei den eigentlichen 
Gebühren. Es läge keine sich unmittelbar an die Staatsangehörigen 
wendende und ihre Abgaben an den Staat festsetzende Rechtsnorm, 
sondern nur eine Instruktion für die staatlichen Organe vor, auf 
welche Bedingungen hin sie sich in Verträge gewisser Art ein- 
lassen dürfen. Diese privatrechtlichen Gegenleistungen an den Staat 
können so mannigfach sein wie sein privatrechtlicher Geschäfts- 
kreis überhaupt. Besonders hervorzuheben sind hier die Personen- 
und Frachtgelder beim Eisenbahnbetriebe. 
§* 209. Die Reichssteuern. 
Nach Art. 70 der Reichsverfassung dienen zur Bestreitung 
der Reichsausgaben unter anderen die aus den Zöllen und den 
gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern fließenden Einnahmen. Diese 
Reichssteuern, hinsichtlich deren dem Reiche allein die Gesetzgebung 
zusteht, sind nach Art 35 der Reichsverfassung die Zölle und 
die Verbrauchssteuern von Salz, Tabak, Branntwein, Bier und 
dem aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen darge- 
stellten Zucker und Syrup. 
Dies sind die alten verfassungsrechtlichen Reichssteuern. Sie 
haben für den preußischen Staat eine besondere Bedeutung in- 
sofern, als nach Art. 5 der Reichsverfassung bei den diese Steuern 
betreffenden Vorlagen Preußen ein Veto im Vundesrate hat. 
Das Reich erhebt aber daneben noch eine ganze Reihe anderer 
Reichssteuern, namentlich Stempel= und Erbschaftssteuern. Hin- 
sichtlich ihrer hat Preußen kein Veto im Bundesrate. 
Eine Darstellung der Reichssteuern im einzelnen ist hier 
nicht beabsichtigt, sondern muß dem Reichsstaatsrechte überlassen 
bleiben. 
Das Reich kann verfassungsmäßig Steuern aller Art, direkte 
und indirekte, erheben, wenn es sich bisher auch tatsächlich im 
wesentlichen auf indirekte Steuern beschränkt hat. Daß es schon 
anfängt, auf dic direkten Stenern überzugreifen, läßt sich nicht 
leugnen. Denn die Tantiemesteuer für Aufsichtsratsmitglieder 
wenn auch in Form eines Stempels erhoben, ist doch tatsächl lich 
eine besondere Einkommensteuer. Und bei der Erbschaftssteuer 
sst es angesichts der schwankenden Grenzlinie zwischen direkten un
	        
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