588 Das Verwaltungsrecht. 9„13
sich in allen deutschen Gebieten Amts-, Schatz= oder Raitkammern,
die sich als kollegiale Behörden aus dem alten Hofamte bes
Kämmeerers entwickeln, und deren Hauptaufgabe in der Rechnungs-
kontrolle der fürstlichen Finanzbeamten besteht. Alle landesherr-
lichen Beamten, welche mit der Finanzgebahrung befaßt sind,
haben über alle Einnahmen und Ausgaben von der Kammer
Rechnung zu legen und Entlastung zu empfangen. Das Buch-
und Rechnungswesen ist hier schon früh zu hoher Ausbildung
gelangt. Gleichwohl unterschied es sich aber, wie die Finanz=
wirtschaft des ständischen Patrimonialstaates überhaupt in nichts
von einer größeren Gutswirtschaft. Insbesondere war es nicht
üblich, über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben eines
gewissen Zeitraumes Voranschläge aufzustellen. Der Landesherr
wirtschaftete von der Hand in den Mund, indem er die jeweilig
notwendigen Ausgaben aus den vorhandenen Beständen beckte und,
soweit dies nicht möglich war, Schulden machte. Nur in dem
Falle, daß zur Deckung der Bedürfnisse eine ständische Steuer-
bewilligung sich als notwendig erwies, verlangten die Stände
wohl einen Nachweis, „wie ihr Herr in diesen Sumpf geraten“.
Es mußte dann allerdings durch eine allgemeine Aufstellun##
dargetan werden, daß die Steuerbewilligung notwendig sei und
zu welchem Zwecke sie verwandt werden solle. Da jedoch die
für einen bestimmten Zeitraum bewilligte Steuer immer nur
die Bedeutung der außerordentlichen Beihilfe hatte, so konnte
sich im Anschlusse an die Steuerbewilligung wenigstens im stän-
dischen Patrimonialstaate ein geregeltes Etatswesen und damit
der Einrichtungen über Budget, Staatsrechnung und Kontrolle in Oester“
reich, Preußen, Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Frankreich und
Belgien, Wien 1866; H. Schulzc, Ueber das Finanzrecht der Reichs“
und Landtage in Grünhuts Ztschr. Bd. 2 (1875), S. 161 ff.; Laband
im Archiv für öffentl. Recht Bd. 1, S. 172f f.; Prazak, Beiträge zum
Budgetrecht und zur Lehre von den formellen Gesetzen a. a. O. Bd. 2,
S. 441 f.; Ad. Arndt, Das preußische und das Neichsbudgetrecht
a. a. O. Bd. 3, S. 533 ff.; R. (Rüdorff), Art. Staatskassenverwaltung in
v. Holtzendorffs Rechtslexikon Bd. 3, S. 751 ff.; G. Herrfurth, Da-
preuß. Kassen- und Rechnungswesen, 5 Bände, 5. Aufl., Berlin 1910 ff.
Fricker in der Ztschr. für die ges. Staatswissenschaft Bd. 37, S. 271 "
(1890); Tezner in der Krit. Vierteljahrsfrist Bd. 37, S. 271 ff. (1895);
O. Schwarz, Formelle Finanzverwaltung in Preußen und im Reich,
Berlin 1907.