Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

616 Das Verwaltungsrecht. 8215 
keinen Umständen anzunehmen, da jedes zeitlich beschränkte Geseb 
mit Ablauf der Zeit von selbst außer Kraft tritt. 
Als das einfachste Mittel, die durch das Nichtzustandekommen 
des Etats entstehenden Schwierigkeiten zu beseitigen, erscheint die 
Feststellung des Etats durch königliche Verordnung nit Gesetzes- 
kraft. Solche Verordnungen können überall da ergehen, wo an 
und für sich ein Gesetz erforderlich wäre, und die Notverordnung 
als Ersatz des Gesetzes nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist,). 
Letzteres ist hier nicht der Fall, folglich kann der Etat durch 
Notverordnung festgestellt werden. Die Notverordnung muß weiter 
erforderlich sein zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicher- 
heit oder zur Beseitigung eines ungewöhnlichen Notstandes. Diese 
Voraussetzung ist unzweifelhaft vorhanden. Denn es ist in der 
Tat ein ungewöhnlicher Notstand, wenn der Staat einer etats- 
mäßig geordneten Finanzwirtschaft entbehrt, wenn die Behörden 
nicht wissen, welche Ausgaben sie leisten dürfen und welche nicht, 
wenn für die Rechnungskontrolle die notwendige etatsmäßige 
Grundlage fehlt. Endlich darf zur Zeit des Erlasses der Ver- 
ordnung der Landtag nicht versammelt sein. Ob dies zutrifft, 
ist natürlich eine rein tatsächliche Frage. Ist der Etat durch 
Notverordnung festgestellt, so haben sich sämtliche Behörden, ins- 
besondere auch die Oberrechnungskammer danach zu richten, und 
wenn der Landtag später der Etatsverordnung seine Zustimmung 
versagen sollte, so wäre sie wenigstens für die Zwischenzeit in 
Kraft und damit die Grundlage für eine etatsmäßige Finanz- 
wirtschaft vorhanden gewesen. 
Während des Verfassungskonfliktes in den sechziger Jahren 
hat jedoch die Regierung diesen Weg des Erlasses von Not- 
verordnungen nicht gewählt. Sie hat vielmehr nur einen Staats- 
haushaltsetat, wie er die Grundlage ihrer Verwaltungstätigkeit 
während des betreffenden Jahres bilden sollte, im Staatsanzeiger 
veröffentlicht. Da nach Art. 99 der Verfassungsurkunde der Etat 
durch Gesetz festgestellt werden soll, einer derartigen Veröffent- 
lichung aber keine Gesetzeskraft beiwohnt, so mag ein solcher 
Wirtschaftsplan politisch, besonders finanzwirtschaftlich von Wert 
sein, staatsrechtlich ist er vollständig bedeutungslos. Bei bloßen 
–. 
5) Vgl. § 81.
	        
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