Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

638 Das Verwaltungörecht. 3218 
in Europa, die Gleichberechtigung mehrerer Konfessionen innerhalb 
eines einzigen Staatswesens zur Durchführung zu bringen. 
Das katholische Element war in Brandenburg-Preußen bis zur 
Erwerbung Schlesiens ziemlich unbedeutend") und daher für den 
gesamten Charakter der staatlichen Kirchenpolitik ohne Einfluß. 
Die Rechtsstellung der katholischen Kirche blieb die aus früherer 
Zeit überkommene und war daher verschieden nach den einzelnen 
Gebieten. In Brandenburg und Pommern war die Ausübung 
des katholischen Kultus überhaupt nicht geduldet. In Magdebury, 
Halberstadt und Minden war sie nach dem Westfälischen Frieden 
dort gestattet, wo sie im Normaljahre 1624 bestanden hatte. Für 
Preußen, Lauenburg und Bütow ergab sich die Gleichberechtigung 
der Katholiken und die Freiheit der Religionsübung an einzelnen 
Orten aus den mit Polen abgeschlossenen Verträgen. Für Kleve- 
Mark und Ravensberg, wo die Katholiken von jeher gleichberechtigt 
gewesen waren, hatte der Religionsvergleich vom 26. April 1672 
mit Pfalz-Neuburgs) die Orte bestimmt, an denen den Katholiken 
freic Religionsübung gewährt werden sollte. Für Geldern endlich 
war die Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes, wonach die 
katholische Kirche allein herrschend war, 1713 im Utrechter Frieden 
gewährleistet. Ebenso verschieden war die Stellung des Staates zur 
katholischen Hierarchie in den einzelnen Gebieten. In den che- 
mals geistlichen Gebieten und den Landen der Jülichschen Erb- 
schaft beanspruchte der Kurfürst für sich die bischöfliche Gewalt, 
namentlich die bischöfliche Gerichtsbarkeit auch über die Katho- 
liken, ließ jedoch zu, daß in Sachen des Orcc seine Untertauen 
  
4) Eine ausführliche Statistik des katholischen Elements um das 
Jahr 1740 gibt M. Lehmann a. a. O. Bd. 2, S. 9 ff. Danach betrug die 
katholische Bevölkerung in Brandenburg höchstens 1 Prozent, in Geldern fast 
100, in Halberstadt höchstens 3,4, in Kleve etwa 60, in Lauenburg und 
Bütow höchstens 9,5, in Lingen etwa 97, in Magdeburg 2,2, in der Graf- 
schaft Mark höchstens 5, in Minden höchstens 2,6, in Pommern höchstens 1, 
in Preußen höchstens 2,6, in Ravensberg 2,6 Prozent, in Mörs ist sie 
nicht festzustellen, in Tecklenburg verschwindend gering. Wenn hlernach 
in einzelnen Gebieten die katholische Kirche als fast ausschließlich oder doch 
vorwiegend herrschend erscheint, so ist doch zu berücksichtigen, daß dies 
gerade außerordentlich kleine Gebiete sind. Im ganzen kamen ungefähr auf 
2 100 000 Protestanten 100 000 Katholiken. 
5) Scotti, Kleve-märkische Gesetz-Samml. Bd. 1, S. 196, Nr. 312.
	        
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