8.220 Der Staat und die evangelische Kirche. 665
wicklung und Tätigkeit zugestanden sind. Gleichwohl befindet sich
die evangelische Landeskirche durch die Aufrechterhaltung des
landesherrlichen Kirchenregiments zum Staate in einem innigeren
Verhältnisse als jede andere Religionsgemeinschaft. Dieses landes-
herrliche Kirchenregiment steht dem Könige als solchem kraft seines
monarchischen Rechtes zum). Er erwirbt es und verliert es zu-
gleich mit der Staatsherrschaft als einen ebenso unlösbaren Be-
standteil von ihr wie den Oberbefehl über das Heer oder die
Gesetzgebung. Als Staatspersönlichkeit ist der König das Haupt
einer vom Staate verschiedenen Rechtsgemeinschaft. Nicht das
Rechtssubjekt ist ein verschiedenes, sondern die Obliegenheiten,
welche der König als Staatspersönlichkeit hier wahrnimmt, sind
an sich dem Wesen des Staates fremd, sind nicht staatlich, sondern
kirchlich. Er hat sich daher, soweit die staatliche Gesetzgebung keine
Schranken zieht, bei Ausübung des Kirchenregiments nach den
eigentümlichen Ordnungen der Kirche zu richten. Insbesondere
ist für seine kirchlichen Anordnungen als solche eine Mitwirkung
der Minister nicht erforderlich.
Die Kirchengemeinde= und Synodalordnung und die General-
shnodalordnung als die grundlegenden Ordnungen der neuen
Kirchenverfassung bedurften nach der vom Landtage als zutreffend
anerkannten Regierungsbegründung einer Genehmigung durch die
staatliche Gesetzgebung nur in zwei Beziehungen. Einmal war
kine solche erforderlich, soweit eine Berührung der kirchlichen
VGemeinschaft mit dem Staate stattfand, wie bei der Vertretung
er Gemeinden nach außen, der Vermögensverwaltung, dem
Patronate, dem Besteuerungsrechte. Weiterhin waren aber die
Rechtsverhältnisse der evangelischen Kirche bisher ausschließlich
urch die staatliche Gesetzgebung geregelt worden. Es bedurfte
.
12) Andrer Ansicht v. Rönne, Pr. StR. Bd. 2, S. 407; H.
k. Schulze-Gaevernitz, Pr. StR. Bd. 2, S. 491, nach denen der
dönig das Kirchenregiment nicht als Monarch hat. Auf einem ähnlichen
edankengange beruht die Formel von E. Hermann in Bluntschlis
Staatswörterbuch Bd. 8, S. 389, wonach die Landesherren evangelische
rchenoberen sind, allerdings weil Landesherren, aber nicht als Landes-
HPren, das Kirchenamt ein Annex, aber keinen Bestandteil der Landeshoheit
ldet. Allein diese Anschauung setzt eine selbständige Erwerbung des
irchenregiments notwendig voraus. Wesentlich in Uebereinstimmung mit
tem Texte Schön, Kirchenrecht Vd. 1, S. 221.