682 Das Verwaltungsrecht. 8221
lägen und nur mit dieser kund gemacht oder erlassen werden oürften,
sowie daß auch die allgemeinen kirchlichen Anordnungen und
ösfentlichen Erlasse, welche rein geistliche Angelegenheiten beträfen,
den Staatsbehörden zur Einsicht vorzulegen seien, und die Kund-
machung erst nach erteilter Staatsbewilligung erfolgen dürfe. Diese
mit Einführung der preußischen Verfassungsurkunde außer Kraft
getretenen Bestimmungen sind auch seit der Verfassungsnovelle
vom 18. Juni 1875 nicht wieder geltendes Recht gewordenn).
Und selbst wenn man das Gegenteil annehmen sollte, ist das Placet
gewohnheitsrechtlich durch Nichtgebrauch außer Kraft gesetzt worden.
Der Unterhalt der katholischen Kirche erfolgt zum großen
Teile aus Staatsmitteln, zu deren Leistungen sich der Staat bei
Erlaß der Cirkumskriptiousbullen verpflichtet hatte. Es rechtfertigte
sich dies politisch daraus, daß der Staat in den vergangenen Jahr-
zehnten das Kirchengut eingezogen und versprochen hatte, für
den Unterhalt der Kirche zu sorgen. Wenn auch die verfassungs-
mäßige Gewähr dieser Leistungen mit Aufhebung des Art. 15 der
Verfassungsurkunde fortgefallen ist, so ist doch das Rechtsver-
hältnis selbst unberührt geblieben. Die Einstellung der staat-
lichen Leistungen auf Grund des Gesetzes vom 22. April 1875
war nur eine vorübergehende Maßregel, um den Widerstand der
katholischen Kirche zu brechen. Die Pfarrbesoldung ist gesetzlich
geregelt unter Gewährung weiterer Staatszuschüsse#). Schon aus
den staatlichen Leistungen rechtfertigt sich aber ein weitgehendes
Aufsichtsrecht des Staates über die kirchliche Vermögeunsver-=
verwaltung. Da der Staat die katholische Kirche in ihrer Ge-
samtheit nicht als juristische Person anerkennt, so können Träger
des kirchlichen Vermögens nur die einzelnen Teile der Gesamt-
kirche, besonders also die Parochien und Diözesen sein. Dem
entsprechend gliedert sich denn auch die durch die Revisions=
novellen nur sehr wenig berührte staatliche Gesetzgebung. Für
die Parochien gilt das Gesetz vom 20. Juni 1875 über die Ver-
mögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden mit
Novelle vom 31. März 1893½), sowie das Gesetz vom 4. Juli 1875
13) Vgl. § 219. Das Gegenteil stand in der 1. Aufl.
14) Gesetz vom 26. Mai 1909 — GS. 1909, S. 343 — mit Sonder"
bestimmungen für die Diözesen Posen--Gnesen und Kulm.
15) GS. 1875, S. 241; 1893, S. 68.