Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

706 Das Verwaltungsrecht. 8221 
rechtlichen Bestimmungen über die Schulpflicht sind durch eine 
Kabinettsorder vom 14. Mai 182518), welche auch auf die im 
Jahre 1866 erworbenen Provinzen Anwendung findetu), auch 
auf die Gebiete ausgedehnt worden, in denen sonst das ALR. nicht 
gilt. Desgleichen besteht die allgemeine Schulpflicht in den Hohen- 
zollernschen Landen und im Kreise Herzogtum Lauenburg. 
Nach § 13 A#R. II, 12 ist jeder Einwohner verpflichtet, 
seine Kinder zur Schule zu schicken. Die allgemeine Schulpflicht 
ist also nicht ein Ausfluß der Staatsangehörigkeit, sondern eine 
Folge des Wohnsitzes im räumlichen Herrschaftsgebiete der preußi- 
schen Gesetzgebung. Der allgemeinen Schulpflicht find demnach 
auch Ausländer unterworfen, welche im Inlande ihren Wohnsib 
haben, nicht dagegen Inländer, welche im Auslande wohnen, so- 
weit nicht Staatsverträge in dieser Beziehung etwas anderes be- 
stimmenso). Eine öffentlichrechtliche Verpflichtung kann selbst- 
verständlich nur handlungsfähigen Personen auferlegt werden. 
Auch die Schulpflicht ist daher keine solche der schulpflichtigen 
Kinder, sondern eine solche der Eltern oder ihrer Stellvertreter. 
Ihr Inhalt besteht in der Verpflichtung, für den nötigen Unter- 
richt der Kinder und Pflegebefohlenen zu sorgen. Die Befolgung 
dieser Verpflichtung mutß nötigensalls durch Strafen erzwungen 
werden. Während nun aber für die Rheinprovinz durch die 
Kabinettsorder vom 20. Juni 183551) und für einen großen Teil 
der neuen Provinzen#e) die partikularen Schulordnungen das Straf- 
15) GS. 1825, S. 149. 
19) Vgl. Verordnung vom 16. September 1867 — GS. 1867, S. 1515 
— Art. 1V, Entsch. des Kompetenzgerichtshofs vom 19. Oktober 1872 — 
IM Bl. 1872, S. 338 —. 
20) Die deutschen Staaten haben sich durch Abkommen vom 13. November 
1876 verpflichtet, die in ihrem Gebiete wohnenden Angehörigen anderer 
deutschen Staaten gleich den Inländern zur Schule heranzuziehen. Bal. 
Schneider und v. Bremen Rd. 3, S. 30. Für Preußen wird damit 
nichts Neues bestimmt. 
213 GS. 1836, S. 131. 
22) Für die ehemals nassauischen, hessischen und hessen-homburgischen 
Gebietsteile Gesetz vom 1. August 1909 — GS. 1909, S. 734 —, für die 
ehemals kurhessischen und bayrischen Gesetz vom 7. August 1911 — GE- 
1911, S. 205 —. Darin werden die bisherigen gesetzlichen Strafen auf- 
gehoben, und die Negierung wird ermächtigt, durch Verordnung Strafen
	        
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