708 Das Verwaltungsrecht. 8224
des Schulinspektors, die einem jeden vernünftigen Menschen seines
Standes unentbehrlichen Kenntnisse gefaßt hat. Die meisten
Provinzialgesetze schieben jedoch den Zeitpunkt des Beginns der
Schulpflicht bis zum vollendeten sechsten Lebensjahre hinaus und
setzen ein bestimmtes Lebensjahr, in der Regel das vollendete
vierzehnte, als Endpunkt fest.
Die Schulpflicht blinder und taubstummer Kinder besteht nach
dem Gesetze vom 7. August 191126), gegebenenfalls auf Kosten des
fürsorgepflichtigen Kommunalverbandes.
III. Der allgemeinen Schulpflicht entspricht die Verbindlichkeit
des Staates, für das Vorhandensein der ersorderlichen Schul-
anstalten zu sorgen, damit seine Einwohner der ihnen auferlegten
Verpflichtung zu genügen imstande sind. Veranstaltungen, welche
zur Erfüllung einer allgemeinen Untertanenpflicht gegen den
Staat dienen, sind aber notwendig staatlicher Natur. Der Grund-
satz, daß die Volksschulen Veranstaltungen des Staates sind, p-
gibt sich also von selbst aus der allgemeinen Schulpflicht. Er
gilt daher auch für diejenigen Landesteile, in denen er nicht wie
für die landrechtlichen Gebiete durch § 1 II, 12 LR. eine aus-
drückliche gesetzliche Anerkennung gefunden hat. Der Staat wird
seiner sich aus der allgemeinen Schulpflicht ergebenden Ver-
pflichtung gerecht, indem er die Errichtung und Unterhaltung der
zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht dienenden Anstalten
besonderen Verbänden oder den Gemeinden auferlegt. Je nach'
dem das eine oder das andere der Fall ist, ergeben sich zwei ver-
schiedene Systeme für bie Tragung der Schullast, das der Schul-
sozietäten und das der Gemeindeschulen.
Die Schulsozietäten sind besondere, nur für Schulzwecke ge-
bildete Verbände mit Korporationsrechten). Ihre Einrichtung
und Verteilung, wo die Ortschaften es wünschen oder örtliche
Umstände es nötig machen, liegt nach § 18 der Regierungsinstruk-
tion vom 23. Oktober 1817 den Regierungen ob. Nach den
Bestimmungen des AR. II, 12 88 29 ff. umfassen die Schul-
sozietäten die Hausväter, d. h. die wirtschaftlich selbständigen
Personen jedes Orts ohne Unterschied, ob sie Kinder haben oder
20) GS. 1911, S. 168.
7) Vgl. Entsch. des Ob.-Trib. vom 20. Juni 1853, Bd. 25, —. 30|r0
vom 16. Oktober 1871, Bd. 66, S. 209.