Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8 225 Das höhere Unterrichtswesen. 727 
stattung und die Vorlegung eines Statuts zur Regelung der 
rechtlichen Verhältnisse erfordert. 
Jede höhere Schule hat im landrechtlichen Gebiete nach 854II, 
12 A#R., in den übrigen Landesteilen nach einem in der Ver- 
waltungspraxis betätigten Gewohnheitsrechte die Rechte einer 
juristischen Person, aber nicht als Genossenschaft, sondern als 
Anstalt, da die Vermögensverwaltung dem übergeordneten 
Provinzialschulkollegium zusteht. 
Der Unterhalt erfolgt in erster Linie aus dem Ver- 
mögen der Anstalt und durch die Leistungen etwa auf 
Grund besonderer Rechtstitel verpflichteter Personen, und dem- 
nächst durch den Patron. Besondere Schulabgaben für das 
Unterrichtswesen gibt es nicht, sondern die Lasten werden 
in derselben Weise gedeckt wie alle sonstigen Staats= und Kom- 
munalabgaben. 
Wohl aber findet die Erhebung von Schulgeld für 
den Besuch sämtlicher höheren Unterrichtsanstalten statt. Dieses 
Schulgeld ist aber seinem Charakter nach wesentlich von dem in 
den Volksschulen erhobenen verschieden. Es bildet nicht das Entgelt 
für eine staatliche Leistung, welche auf der allgemeinen Schulpflicht 
beruht, sondern für einen höheren Unterricht, zu dessen Annahme 
keine Verpflichtung besteht, und den sich jeder ebensowohl auf den 
staatlichen Anstalten wic bei Privatunternehmern oder Privatlehrern 
aneignen kann. Das Rechtsverhältnis ist also privatrechtlich und 
demgemäß auch das Schulgeld nicht öffentlichrechtliche Gebühr, 
sondern privatrechtliche Gegenleistung, für deren Erhebung es daher 
auch keiner gesetzlichen Grundlage bedarf. Gleichwohl unterliegt 
auch das Schulgeld der höheren Unterrichtsanstalten der Ein- 
ziehung im Verwaltungszwangsverfahren nach der Kabinettsorder 
vom 19. Juni 1836. Nach dem Gesetze vom 24. Mai 18618), 
dessen Bestimmungen jetzt nur noch für höhere Schulen gelten, ist 
in Beziehung auf Abgaben und Leistungen, welche für höhere 
Schulen oder deren Beamte auf Grund einer notorischen Orts= oder 
Bezirksverfassung erhoben werden, sowie in Bezichung auf Forde- 
  
3) GS. 1861, S. 241. Vgl. auch Bd. 2, § 143. Indem für die Volks- 
schulen der ordentliche Rechtsweg durch die Verwaltungsklage ersetzt wurde, 
ist das regelmäßige Verhältnis zurückgekehrt, daß der ordentliche Richter 
nur über privatrechtliche Streitfragen zu erkennen hat.
	        
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