8149 Reichs-u. Landesstaatsgewalt in der auswärt. Verwaltung. 3
das den Einzelstaaten vor Begründung des Reiches ohne jede
Beschränkung zustehende aktive und passive Gesandtschaftsrecht in
keiner Weise berührt worden, und es muß allein der selbständigen
Entschließung der Einzelstaaten anheimgestellt bleiben, inwieweit
sic von diesem Rechte noch Gebrauch machen und einen ständigen
völkerrechtlichen Verkehr unterhalten wollen. Dagegen enthält
Art. 56 der Reichsverfassung ein ausdrückliches Verbot der Er-
richtung oder des Fortbestehens von Landeskonsulaten im Aus-
lande nach vollendeter Organisation des Reichskonsulatswesens,
welche längst erfolgt ist. Andererseits ist verfassungsmäßig nicht
ausgeschlossen, daß die Einzelstaaten auswärtige Konsulu bei sich
empfangen und sie mit dem Exequatur versehens). Nur kann freilich
dieser Akt eines Einzelstaates keine Wirksamkeit über die Grenzen
seines Gebietes hinaus beanspruchen, während das vom Kaiser
namens des Reiches fremden Konsuln erteilte Exequatur im ganzen
Reichsgebiete anzuerkennen ist. Bei der Verbindung der preußischen
Königswürde und der deutschen Kaiserwürde, sowie der völlig freien
Stellung des Kaisers in der Erteilung des Exequatur hat jedoch
Preußen nie Veranlassung gehabt und wird nie Veranlassung haben,
ausländischen Konsuln ein Landesexequatur zu erteilen. Nur soweit
deutsche Staaten in Preußen noch Konsulate unterhalten, was ganz
vereinzelt der Fall ist, kommt die Erteilung eines preußischen
Landesexequaturs in Betracht. Preußen selbst unterhält in dem
Gebiete der anderen deutschen Staaten nur einige Konsulates). In
welchem Umfange es noch von dem Gesandtschaftsrechte Gebrauch
macht, wird in dem folgenden Paragraphen zu erörtern sein.
Schwieriger als hinsichtlich der Organe des internationalen
Verkehrs ist die Abgrenzung der Reichs= und Landeszuständigkeit
auf dem Gebiete der völkerrechtlichen Rechtsakte. Hierbei sind drei
Gruppen zu unterscheiden, eine, welche ausschließlich dem Reiche
vorbehalten ist, eine zweite, wo ein Recht des Reiches und der
Einzelstaaten Platz greift, und eine dritte, vollständig außerhalb
der Reichszuständigkeit liegende.
—.
2) VgI.Schlußprotokoll zu dem Vertrage vom 23. November 1870
betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes —
RGBl. 1871, S. 23 — sub XII.
5) Solche bestehen für Bremen, Lübeck und Mecklenburg-Schwerin.
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