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dividuelle Sphäre besser geschützt, als es die all-
gemeinen Formeln der Grundrechte vermochten.
Damit haben die Grundrechte ihre frühere Be-
deutung verloren. Ein Teil von ihnen ist durch
das Reichsrecht sogar formell beseitigt.
Die noch fortbestehenden Grundrechte verbür-
gen den Grundsatz der staatsbürgerlichen Gesell-
schaft, die Gleichheit aller vor dem Gesetze ohne
Rücksicht auf Stand und Religion, unbeschadet
der Vorrechte der Mediatisierten, die Unverletz-
lichkeit des Eigentums einschließlich desjenigen
der Kirchen und höheren Lehranstalten und der
Verbindlichkeiten des Staates.
Trotz der Grundrechte ist und bleibt die
Staatsangehörigkeit ein umfassendes Pflichtver-
hältnis. Das findet seinen Ausdruck in dem Hul-
digungseide nach dem Gesetze vom 7. Juni 1848
(R.Bl. Nr. XXXVII, S. 167). Die Soldaten legen
ihn mit dem Fahneneide, die öffentlichen Diener
mit dem Diensteide, alle anderen Staatsange-
hörigen nach Zurücklegung des 21. Lebensjahres
auf Treue gegen den Großherzog und die Ver-
fassung und Gehorsam gegen die Gesetze ab.
Jeder Angehörige eines deutschen Einzel-
staates ist notwendig auch Angehöriger des
Deutschen Reiches, während es in den reichs-
unmittelbaren Gebieten Elsaß-Lothringen und den
Schutzgebieten auch bloße Reichsangehörige geben
kann. Die Voraussetzungen des Erwerbes und des
Verlustes mußten daher einheitlich von Reichs
wegen geregelt werden. Dies ist geschehen durch
das Bundesgesetz vom 1. Juni 1870.*) Erworben
und verloren wird danach regelmäßig die Zu-
gehörigkeit zum Einzelstaate, sie zieht jedoch die
Reichsangehörigkeit nach sich.
*) Dazu badische Verordnung vom 28. Dezember 1870
(G.u.V.Bl. NraLXXUI, S. 759).