Full text: Staats- und Verwaltungsrecht des Großherzogtums Baden.

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wurde, mußte ihnen der Landesherr eine Über- 
sicht der Einnahmen seines Kammeretats und eine 
Übersicht seiner Ausgaben vorlegen zum Nach- 
weise, daß die Steuer in der geforderten Höhe 
notwendig sei. 
In den deutschen Mittelstaaten knüpft nun 
die konstitutionelle Bewegung überall an die alten 
ständischen Erinnerungen an. Auch die neue 
Volksvertretung konnte man sich ohne Steuerbe- 
willigung nicht denken. Obgleich die Steuern 
jetzt nicht mehr einen außerordentlichen Zuschuß, 
sondern eine regelmäßige Einnahmequelle bil- 
deten, ohne die der Staat nicht bestehen konnte, 
hielt man doch an der periodischen Steuerbewil- 
ligung fest. Dazu bedurfte es aber der Vorlegung 
periodischer Etats, um die notwendige Höhe der 
Steuerbewilligung zu ermitteln. Alle Mitwirkung 
der Volksvertretung kleidete sich aber jetzt in 
die Form des Gesetzes. So gelangte man zu 
periodischen Finanzgesetzen, deren Schwergewicht 
in der Steuerbewilligung lag. 
Das Verhältnis zwischen Regierung und Volks- 
vertretung auf dem Gebiete des Finanzwesens ist 
nicht nur durch die Verfassungsurkunde selbst 
85 53—63 geregelt, sondern auch ergänzend durch 
das Oberrechnungskammergesetz vom 25. August 
1876 (G.u.V.Bl. Nr. XXXVIII, S. 289) und durch 
das Etatsgesetz vom 24. Juli 1888 (G.u.V.Bl. 
Nr. XXXIV, S. 517). 
Hiernach bestehen zweijährige Finanzperioden, 
für welche die Etats aufgestellt und die Abgaben 
bewilligt werden. In dieser Bewilligung liegt das 
Schwergewicht der ständischen Mitwirkung. 
Aus dem Umstande, daß das Finanzgesetz für 
jede Finanzperiode durch Gesetz festzustellen ist, 
folgt noch nichts für seinen Inhalt. Seine Be- 
deutung ist vielmehr selbständig zu würdigen.
	        
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