Full text: Staats- und Verwaltungsrecht des Großherzogtums Baden.

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Jakob II. zu einer Einschränkung führte. Die 
kontinentalen Verfassungen kennen eine solche 
allgemeine Vollmacht meist nicht, auch der 
badischen ist sie fremd. Eine Dispensation durch 
Regierungs- oder Verwaltungsakt ist demnach nur 
zulässig, wo eine besondere gesetzliche Ermäch- 
tigung sie ausdrücklich zuläßt. Sonst würde es 
der Gesetzesform bedürfen. 
2. Begnadigung. Sie ist geschichtlich er- 
wachsen aus der oberstrichterlichen Gewalt des 
Landesherren und hat sich erst mit der ver- 
fassungsmäßigen Anerkennung der richterlichen 
Unabhängigkeit zu einer besonderen Art der Dis- 
pensation entwickelt. Auch gegenüber den Straf- 
rechtsnormen des Reiches wird das einzelstaatliche 
Begnadigungsrecht der deutschen Landesherren 
stillschweigend als fortbestehend vorausgesetzt. 
Nur bei Hochverrat und Landesverrat gegen 
Kaiser und Reich steht das Begnadigungsrecht 
nach $ 484 Str.Pr.O. dem Kaiser zu. 
Begnadigt werden kann vor Fällung des 
richterlichen Urteils, sei es vor, sei es nach Ein- 
leitung der Untersuchung, von der Anwendbarkeit 
der Strafrechtsnormen, so daß gar kein richter- 
liches Urteil ergehen kann: das ist die Nieder- 
schlagung oder Abolition. Begnadigt werden kann 
aber auch nach Erlaß eines rechtskräftigen richter- 
lichen Urteils von der Anwendbarkeit der 'Straf- 
vollzugsnormen: das ist die Begnadigung im 
engeren Sinne. Sie wird Amnestie genannt, wenn 
sie sich allgemein auf Straftaten einer gewissen 
Art erstreckt. 
Die Verfassungsurkunde erwähnt in $ 15 aus- 
drücklich, daß der Großherzog erkannte Strafen 
mildern oder ganz nachlassen, aber nicht schärfen 
kann, beschäftigt sich also nur mit der Begna- 
digung im engeren Sinne. Dagegen wird dem
	        
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