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Das Capitel über die staatsrechtliche Legitimation zerfällt wie-
derum in zwei Unterabtheilungen: die erste beschäftigt sich mit der
Prüfung der von Andern aufgestellten Ansichten, die zweite entwickelt
meine eigene Ansicht. Die kritische Betrachtung voranzuschicken er-
schien um so räthlicher, als weit verbreitete Anschauungen selbst die
juristische Möglichkeit der spätern Legitimation einer usurpirten
Souverainität (mindestens als Regel) in Abrede stellen, sei es, weil
sie das entgegenstehende Recht für unzerstörbar halten, sei es, weil
sie mit dem Besitz das Recht unmittelbar erworben glauben; aber
auch die Widerlegung hervorragender Versuche einer positiven Lösung
wird, wie ich hoffe, wesentlich dazu beitragen, meinen eigenen Er-
örterungen den Weg zu bahnen. Der Darlegung meiner Ansicht
in Bezug auf unsere specielle Frage (II) geht eine kurze Entwicke-
lung der rechtsphilosophischen Grundlagen, auf denen dieselbe beruht,
voraus (1); es folgt ihr ein vergleichender Rückblick (III), der die
gewonnenen Resultate zusammenfaßt und mit den ähnlichen Gedan-
ken Anderer, welche zum Theil wegen ihrer nahen Verwandtschaft
erst an dieser Stelle eingehender berücksichtigt werden können, in
Parallele setzt.
Die Frage der völkerrechtlichen Legitimation hat bisher zwar
in der Theorie und Praxis sehr divergirende Antworten gefunden;
es fehlt jedoch der ersteren die feinere wissenschaftliche Ausbildung,
der letztern die constante Haltung selbst der einzelnen Staaten. Ich
beginne daher das völkerrechtliche Capitel mit Aufstellung eines
Princips (1), an welches ich die Anwendung auf die einzelnen
Hauptfälle auschließe (II), und gehe dann zu einer kritischen Dar-
stellung (III) über.
Den Schkluß der ganzen Abhandlung bildet eine Prüfung der
rechtlichen Wirkungen einer Usurpation, welche vor erreichter Legi-
timität ihr thatsächliches Ende findet; durch diese Betrachtung wird die
rechtliche Bedeutung des Eintritts einer Legitimation erst in ihr
volles Licht gestellt.