Irstes Capitel.
Staatsrechtliche Legitimation.
Erste Unterabtheilung.
Kritik der bisher aufgestellten Ansichten.
8 4. Ueberficht.
Es ist schwer, die verschiedenen Theorien, welche in Betreff der
Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt auf dem Gebiete des
Staatsrechts aufgestellt worden sind, übersichtlich zu ordnen; denn
es ist weder ein bestimmter historischer Fortschritt, noch ein einheit-
licher dogmatischer Ausgangspunkt in denselben zu erkennen. Wäh-
rend vor dem Zeitalter der französischen Revolution diese Lehre
kaum eine eingehende wissenschaftliche Betrachtung gefunden, hat sich
die neuere Staatswissenschaft vielfach mit derselben beschäftigt; aber
die mannichfaltigsten Meinungen sind neben einander hervorgetreten,
neben einander in Geltung geblieben; sie haben bald die Frage nach
dem Rechtsgrund des Staats und der Staatsgewalt, bald die nach
dem Subjekt der Souverainität, bald das Verhältniß zwischen Recht
und Macht, bald die allgemeine Doktrin von der Entstehung des
Rechts, theilweise auch untergeordnetere Rechtssätze zur Basis ge-
nommen und dadurch nicht selten den Schein der Divergenz bei
wesentlicher Uebereinstimmung, und den der Uebereinstimmung bei
wesentlicher Divergenz hervorgerufen; namentlich fließen oft in ein
vieldentiges Wort die entgegengesetztesten Theorien zusammen#ö).
25) Welche verschiedene Momente selbst ein Schriftsteller unter einen gang-
baren, freilich im Grunde auf keines derselben passenden Ausdruck unterzubringen
vermag, zeigt Escher, Handbuch der praktischen Politik, II, S. 159, indem er von