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heit freie Concessionen des Herrschers seien und deshalb auch
willkürlich wieder zurückgenommen werden könnten 1); denn die
von Gott überkommene Gewalt sei eine unbeschränkte und jede
ihr gegenüber errichtete Schranke sei Menschenwerk, dessen
Bestand von der Gnade des Fürsten abhänge. ) Auch hat
es dem Könige zu keiner Zeit an principiellen Anhängern seiner
Behauptungen gefehlt, die ihn als das lebendige von Gott
stammende Gesetz auf Erden bezeichneten 3) und seinen Be-
fehlen gesetzliche Kraft beilegten, wenn sie nur dem göttlichen
Gesetze nicht widersprächen. ) Karl I. hat dann, beschämt,
daß seine Vettern in Frankreich und Spanien die National=
freiheiten bereits vernichtet hätten und er mit diesem Zerstö-
rungswerke kaum begonnen habe, den unglücklichen Versuch
gemacht, die Consequenzen des jus divinum zu praktischer
Geltung zu bringen, und auch er hat mit seiner Theorie nicht
allein gestanden: aus manchem Munde klang ihm die verfüh-
rerische Lehre entgegen, daß die Majestät des Königs das
Abbild der göttlichen sei 2), daß alle Steuerzahlung eine schul-
dige Leistung der Unterthanen sei nach göttlichem und natür-
lichem Rechte "), daß Waffen gegen den König zu tragen selbst
nur um der eigenen Vertheidigung willen ein Frevel sei gegen
Gottes Ordnung. 7) Aber nur wenige haben wie er es erkennen
müssen, daß selbst die stärkste religiöse Innigkeit eines modernen
1) Macaulay, History of England (Tauchnitz'sche Ausg.), I, 70.
Vgl. auch Gneist, Englisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., I, 535,
538—540.
2) Macaulay, a. a. O., III, 445, 446.
:2:) Ranke, a. a. O., I, 592.
“) Ebendas., II, 128.
5) Ebendas., II, 382.
6) Gneist, a. a. O., I, 543.
7) Ranke, a. a. O., II, 395.