104
nicht geleugneten 1) Grundsätzen die staatliche Existenz eines
Volks aufrecht halten und fortsetzen könne.
De Maistre geht sogar noch weiter: er hebt die Fürsten
unendlich hoch über die übrige Menschheit hinaus. Die
legitimen, insbesondere die katholischen Monarchen, sind nach
ihm nicht nur im Besitze eines um vieles festern und stärkern
physischen Organismus als alle andern Menschen und haben
deshalb regelmäßig auch eine viel längere Lebensdauer 2,
sondern sie sehen von ihrer erhabenen Höhe auch um so vieles
weiter in die Vergangenheit wie Zukunft, daß de Maistre von
sich selbst bekennt, er halte es für unangemessen, einem Sou-
verän energisch zu widersprechen; denn dieser werde durch
seinen innern Takt am sichersten geleitet. Es kann uns nicht
wundernehmen, wenn de Maistre bei einer solchen Auf-
fassung der legitimen Fürsten schließlich dazu kommt, zu be-
haupten, sie seien ihrer Natur und Beschaffenheit nach von
den übrigen Menschen so verschieden wie der Baum von einer
Staude, und dies dahin ausführt: man glaube, eine Familie
sei königlich, weil sie regiere, im Gegentheil, sie regiere, weil
sie königlich sei. Auch sei es unsinnig, einen Fürsten mit
einem Privatmann zu vergleichen; denn bei der Vergleichung
einer regierenden mit einer Privatfamilie, welche auf den Thron
gehoben worden, d. i. also doch bei der Vergleichung einer
legitimen mit einer illegitimen Dynastie, bleibe nicht der geringste
Zweifel über die Vorzüglichkeit der erstern oder, besser zu
sagen, über die Unfähigkeit der zweiten; denn die nicht könig-
liche Familie werde nie regieren. ) So construirt de Maistre
1) De Maistre, a. a. O., I, 32, 33.
2) Ebendas., II, 125.
:2) Ebendas., II, 125—127.