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gewinnen. Das Legitimitätsprincip soll die ewige und unver—
letzliche gesetzliche Sanction gewisser Eigenthums= und Herr-
schaftsrechte sein, welche die öffentlichen Gewalten nicht zer-
stören können, sondern denen sie sich selbst fügen müssen.)
Keine Neigung der Völker sei deutlicher in der Geschichte aus-
gesprochen als die, eine gewisse Legitimität anzuerkennen als
den festen Punkt, vor welchem die vorwärts eilende Zeit unbe-
weglich stillhalte, als die Schranke, vor welcher der menschliche
Wille sich ohnmächtig beuge. 2) Die Legitimität sei der Aus-
gangspunkt aller Gesetze, sei aber selbst kein Erzeugniß der-
selben 3); sie präge gewissen Gesetzen, Einrichtungen und Ver-
einbarungen, welche man nicht ändern könne, ohne die allge-
meine Gerechtigkeit zu verletzen und die alten Grundlagen der
Gesellschaft zu erschüttern, einen Charakter der Erhabenheit,
Unverletzlichkeit und Ewigkeit auf.")
Auf diesen durch die Zeit verliehenen Charakter der Hei-
ligkeit und Legitimität kommt Malte-Brun alles an, sodaß er
die Untersuchung nach dem rechtlichen Ursprunge der staatlichen
und socialen Gewalten für überflüssig erklärt, sobald ihnen der
legitime Charakter von der Geschichte des Volks zugesprochen
sei. Dabei vergißt er aber, daß die Frage nach der Legiti-
mität oder Illegitimität dann aus einer Frage nach dem
Rechte auf die Herrschaft lediglich in eine Frage nach der
Zeitdauer der Herrschaft umgewandelt wird, und daß zu
Gunsten des heiligen Charakters, den die Legitimität durch
Anlehnung und Unterordnung unter den Schutz Gottes er-
1) Malte-Brun, a. a. O., S. 12.
2) Ebendas., S. 22.
:) Ebendas., S. 16.
1) Ebendas., S. 17.