Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Weise versucht, Europa in eine einzige Ländermasse zusammen- 
zuwerfen und dann wieder in einzelne Theile zu zerlegen, 
welche weniger nach Nationalität und Geschichte, als nach 
Flächeninhalt und Einwohnerzahl bestimmt und den legitimen 
Dynastien zugewiesen wurden. 
Man würde sich vergebens nach einer juristischen Recht- 
fertigung dieses Verfahrens, an deren Möglichkeit damals doch 
trotz der oft hervorgehobenen Grausamkeit und Unsittlichkeit 
einer derartigen Ländervertheilung niemand zweifelte, umsehen, 
wollte man nicht zu der Auffassung der Souveränetät als 
eines dem Eigenthume nachgebildeten und deshalb einer rein 
privatrechtlichen Betrachtungs= und Behandlungsweise unter- 
liegenden Rechts am Grund und Boden des Staatsgebiets 
seine Zuflucht nehmen. Denn das zweifellose Recht der Sou- 
veräne zur Abschließung völkerrechtlicher Verträge kann nicht 
genügen, um Verträge zu rechtfertigen, welche einen mit der 
Persönlichkeit und deshalb Untheilbarkeit des Staats in Wider- 
spruch befindlichen Inhalt wie Landes= und Unterthanen- 
abtretungen haben; die Befugniß zu derlei Rechtsgeschäften 
konnte somit nur eine Theorie gewähren, welche den staatlichen 
Charakter überhaupt nicht anerkannte und den Staat nur als 
Reich, als Territorium, als ein besonders großes Grundstück 
begriff. 
Auch waren die meisten Fürsten und Staatsmänner jener 
Zeit noch immer von der frühern durch die Lehre von der 
vertragsmäßigen Begründung des Staats und der Staats- 
gewalt keineswegs verdrängten privatrechtlichen Auffassung der 
Souveränetät und des ganzen Staats beherrscht, welche in 
der Vererbung des monarchischen Rechts 1), in der meistens 
1) S. Brie citirt (Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt
	        
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