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noch nicht aufgehobenen Verbindung des fürstlichen und des
Staatsvermögens, überhaupt in dem alten Staatswesen vor
der Revolution eine Reihe fester Anhaltepunkte besaß. Dann
konnte die patrimoniale Theorie in Deutschland wenigstens mit
dem Anspruch auftreten, als die richtige Erklärung wenn nicht
für die Ausbildung der Landeshoheit, so doch für die Ent-
stehung derselben zu gelten. ) Die Zurückführung des Herr-
scherrechts auf eine privatrechtliche Grundlage mußte daher
nicht blos als ein Versuch, den Staat und die Staatsgewalt
rationell zu begründen, sondern vielmehr als eine historische
und juristische Erklärung der concreten, vorhandenen Staaten
erscheinen.
Dazu hatte die Lehensverfassung, so unrichtig auch die
Behauptung von der Anwendbarkeit des Feudalrechts auf alles
Grundeigenthum im Lande regelmäßig war, alle öffentlichen
Gewalten an den Grundbesitz geknüpft und gelehrt, daß der
Grund und Boden, soweit er lehenbar gewesen, theils im
dominium directum des Landesherrn gestanden, theils ihm
als Reichslehen zuständig gewesen und die Landeshoheit an
dem ausgedehnten in den Händen des Landesherrn concen-
trirten Grundbesitze gehaftet habe. Hatte man doch noch im
Ausgange des Mittelalters, unter Kaiser Friedrich III., zu
der Construction des Rechts an Grundstücken die Ableitung
desselben aus dem kaiserlichen Obereigenthum für nothwendig
lHeidelberg 1866), S. 15, Note 27) den gegen den Grafen von Artois ge-
thanen Ausspruch eines französischen Legitimisten, in welchem das patri-
moniale ebenso wie das Patriarchal-Princip anerkannt wird: Tant que
ss perpétuera la race du saint roi, la France sera son héritage,
les Français sa famille.
1) v. Gerber, a. a. O., Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, S. 11.
v. Held, Ueber Legitimität, Legitimitätsprincip, S. 31—35.