131
seiner Unterthanen wie mit dem seinigen umgehen, noch die
jedem Menschen aus Gottes Gnaden zustehende Freiheit ver-
kümmern. Vielmehr sei der Fürst dem Gesetze der Gerechtig-
keit unterworfen, welches von ihm fordere, daß er niemand
beschädige, fremde Rechte nicht kränke, jedem das Seine lasse
oder das Seine gebe. 1)
Aber dem Hauptsatze und Fundamente seiner Lehre von
der gottbegnadigten, auf Grundbesitz begründeten, einer ver-
fassungsmäßigen Beschränkung schlechterdings unfähigen 2) Ge-
waltherrschaft gegenüber sind diese Schranken der fürstlichen
Gewalt vollständig nichtssagend; denn das den Unterthanen
in umfassendster Weise zugesprochene Recht der Selbsthülfe ist
keine ununterbrochen oder nur regelmäßig wirkende, in recht-
lichen Formen zu Tage tretende Beschränkung der monarchischen
Gewalt. Dem Volke wird durch dasselbe keineswegs die Auf-
rechthaltung des von dem Fürsten verletzten Rechts garantirt;
vielmehr kann das Recht der Selbsthülfe entweder nur dadurch
wirksam sein, daß es infolge seines bloßen Vorhandenseins den
Staat mit zeitweiser Anarchie bedroht, falls die bestehende
Ordnung der Dinge geändert oder verletzt werden sollte, oder
dadurch, daß es in offener Revolution geltend gemacht wird
und die vorhandene Staatsform geradezu vernichtet, um statt
der verletzten Rechtsordnung eine neue zu errichten. Die
wohlerworbenen und natürlichen Rechte der Unterthanen aber
sind wol eine Grenze der Staatsgewalt, wenn der Souverän
durch die Verfassung, durch unabhängige Gerichte und stän-
dische Körperschaften von ihrer Verletzung abgehalten ist; dem
absoluten Herrscher gegenüber haben sie den Charakter einer
1) Restauration der Staatswissenschaften, II, 377, 378.
2) Ebendas., I, 436.
9*