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verpflichtet würden. ) Vom Jahre 1819 an aber machte die
Furcht vor der Demagogie und dem angeblich vollkommen re-
volutionären Gehalte des Constitutionalismus die Mehrzahl
der deutschen Fürsten und somit auch den Deutschen Bundes-
tag zu grundsätzlichen Feinden des Repräsentativrsystems, ob-
gleich der Bund selbst die Einführung landständischer Ver-
fassungen den Bundesgliedern zur Pflicht gemacht und sich so-
mit die Möglichkeit eines offenen Widerstandes gegen repräsen-
tative Einrichtungen genommen hatte. So blieb ihm denn
der auch in Deutschland mehr und mehr fühlbaren constitu-
tionellen Bewegung gegenüber nur übrig, die Ziele dieser Be-
wegung als der deutschen Bundesverfassung widersprechende
zu bezeichnen, weil die modernen Repräsentativverfassungen
nicht mit den alten landständischen Verfassungen identisch seien,
die Bundesacte aber nur die Einführung landständischer
Verfassungen verheiße und damit die Repräsentativver-
fassun gen als bundeswidrig ausschließe. 2)
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1) Zachariä, a. a. O., I, 604. Pölitz, Europäische Verfassungen,
Bd. 1, Abth. 1, S. 362, 363. Häusser, Deutsche Geschichte, 3. Aufl.,
IUV, 676, 677. Klüber, a. a. O., Bd. 1, Heft 1, S. 97 fg., 100 fg.
Vgl. auch Welcker, Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deut-
schen Nation, S. 54 fg. ·
2) Welcker, a. a. O., S. 220 fg.: Ueber den Unterschied zwischen
den landständischen und Repräsentativverfassungen, verfaßt von dem
kaiserlich königlichen Hofrath v. Gentz. — Wir sehen hier von der Frage
ganz ab, inwiceweit der Deutsche Bund überhaupt zu derlei, die einzelnen
Fürsten in ibrer gesetzgebenden Gewalt beschränkenden Beschlüssen be-
rechtigt sein konnte; jedenfalls betrog sich die Bundesversammlung selbst,
wenn sie den deutschen Fürsten auf Grund der ihnen in der Bundes-
Acte zugesprochenen Souveränetät eine irgend fühlbare verfassungs-
mäßige Beschränkung durch ihre Landstände untersagte; denn ein solches
Verbot war ein viel größerer Widerspruch gegen die Souveränetät
als die liberalste Repräsentativverfassung, ja als eine Aushebung der