Full text: Das Legitimitätsprincip.

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souveränetät und deshalb als einen Widerspruch gegen das 
Princip der Legitimität zu bezeichnen. Dieses nämlich bestimme, 
daß die Existenz der deutschen monarchischen Staaten nicht als 
Product des Willens der Masse der Regierten oder des Volks 
angesehen werden dürfe; es fordere demzufolge, daß der legi- 
time Regent die Zusammensetzung und die Rechte der neu 
einzuführenden Landstände allein, also ohne Mitwirkung der 
Regierten, festsetze und hierbei vor allem vermeide, den Land- 
ständen die Stellung von Volksrepräsentanten zu geben, weil 
ein derartiges Zugeständniß das Princip der Volkssouveränetät 
enthalten und damit den Uebergang der monarchischen Re- 
gierung in die des Volks herbeiführen würde. 1) 
Daß derartige Behauptungen auch nicht die entfernteste 
Einsicht in das moderne Staatsrecht verriethen, schienen unter 
den Vertretern der Reaction nur wenige zu begreifen. War 
es auch nicht unrichtig, wenn man mit Hinblick auf die ge- 
schichtlich überkommene Stellung der deutschen Fürsten in dem 
Legitimitätsprincip den Grundsatz der Unabhängigkeit des 
fürstlichen Rechts auf die Herrschaft fand, so bewies doch die 
weitere Behauptung, daß der Souverän die zu gewährende 
Verfassung nur octroyiren, nicht, um diesen an sich unrichtigen 
Ausdruck zu gebrauchen, pactiren dürfe, wie wenig die hohe Stel- 
lung verstanden wurde, welche das constitutionelle Staatsrecht 
überall, selbst in England, dem Fürsten beließ: nirgends als 
in den Irrlehren einiger radicaler Politiker, welche noch mit 
dem einen Fuße in der alten privatrechtlichen Betrachtungs- 
weise des Staatsrechts und mit dem andern in den noch im- 
mer nicht überwundenen Theorien von der vertragsmäßigen 
1) Vgll, den Aufsatz des herzoglich nassauischen Ministers v. Mar- 
schall in Welcker's Wichtigen Urkunden, S. 274 fg.
	        
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