Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Widerstande gegen die Obrigkeit ist aber einem rechtmäßigen 
Befehle der Obrigkeit gegenüber nichts anderes als das Recht 
auf die Revolution, sobald die Obrigkeit „die Verletzung apo- 
diktischer, religiöser oder sittlicher Vorschriften“ anordnet. 1) 
Stahl's Lehre von einer nur beschränkten Gehorsamspflicht 
der Unterthanen auf Grund ihrer unendlich schwankenden und 
unsichern religiösen und sittlichen Erkenntniß ist sonach weit 
entfernt von der so einfachen und den Staat so befestigenden 
Lehre des blos verfassungsmäßigen Gehorsams. Einer schwachen 
Obrigkeit muß diese Theorie, welche das Widerstandsrecht der 
Unterthanen in ein rechtlicher Normirung vollständig entzogenes 
Gebiet, nämlich die subjective sittliche Erkenntniß des Indivi- 
duums, verlegt, regelmäßig den Untergang bringen. Gegenüber 
einer starken Obrigkeit aber, welche fortdauernd die Macht be- 
sitzt, allein festzustellen, was religiöse und sittliche Vorschriften 
bedeuten und fordern, stellt sich das Stahl'sche Widerstands- 
recht als eine jener rein illusorischen Pseudoschranken dar, mit 
welchen die verschämten Absolutisten jeder Zeit die von ihnen 
vertretene Despotie, wie verhüllt sie auch sein mochte, zu um- 
geben versuchten, um den freiheitsgefährlichen Kern durch die 
scheinbar freisinnige Schale schmackhafter zu machen. Der 
Widerspruch in dieser Lehre Stahl's liegt auf der Hand; er 
fordert einmal unbedingten Gehorsam gegen die Obrigkeit, in- 
dem er die Pflicht hierzu bald auf ihre göttliche Einsetzung, 
bald auf ihre staatliche Rechtmäßigkeit gründet, während er 
dann wieder nur beschränkten Gehorsam verlangt, indem er 
die Rücksicht auf Gottes Gebote und Sittenvorschriften als 
eine sittliche, aber im Staatsrechte nicht anerkannte Berech- 
tigung zum Widerstande ansieht. 
1) Stahl, a. a. O., S. 182.
	        
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