172
und da zu lenken anfangen könne, wo die Menschen zu denken
aufhören.
Sonach darf der Versuch, das Legitimitätsprincip zu der
specifischen Eigenthümlichkeit der Monarchie zu erheben, nach
Stahl's eigener Lehre als mislungen bezeichnet werden. Es
ergibt sich daraus auch die Unmöglichkeit, das Legitimitäts-
princip zum Unterbau für weitere Folgerungen und Behaup-
tungen zu benutzen; ja es muß geradezu eine in jeder Be-
ziehung willkürliche Erfindung genannt werden, wenn Stahl
das Legitimitätsprincip in Verbindung mit dem göttlichen Rechte
zum christlichen Princip der Monarchie „avanciren“ 1) läßt.
Soll nämlich wirklich der Staat und die Staatsgewalt
nach der christlichen Weltanschauung, welche Stahl zur Grund-
lage seiner Staatslehre macht, eine göttliche Institution sein,
so ist jeder Staat und jede Staatsgewalt auf die göttliche
Einsetzung zurückzuführen, wie Stahl selbst zugibt, nicht aber
blos der christliche Staat und noch weniger blos die christliche
Erbmonarchie.
Auch fällt es selbst Stahl nicht ein, zu behaupten, was
doch consequent aus seinem christlichen Princip folgt, daß
nämlich da, wo das Legitimitätsprincip durch Usurpation ver-
letzt worden, das christliche Princip dem Staate abhanden
gekommen sei.
Endlich ist die Meinung, daß es im Staatsrecht eines
bestimmten Landes ein sogenanntes christliches Princip geben
könne, nach welchem die königliche Gewalt als göttliches Recht,
die Succession auf dem Throne als göttliche Fügung angesehen
werden müsse, deshalb verwerflich, weil überhaupt das Staats-
recht nicht der Ausdruck eines bestimmten Glaubensbekenntnisses
1) Zachariä, a. a. O., I, 79.