Full text: Das Legitimitätsprincip.

174 
Princips ausgeben sollte; damit ist die Möglichkeit einer Gel- 
tung und Wirksamkeit der Staatsgewalt um des durch sein 
Dasein zum Dasein berechtigten Staats willen nicht ausge- 
schlossen. Aber das Staatsrecht mit einem noch dazu in der 
ganzen christlichen Glaubenslehre nicht vorhandenen 1), ja den 
einfachen politischen Sätzen derselben sogar widersprechenden 
christlichen Princip versetzen, heißt nicht den göttlichen Willen 
als die sittliche Rechtfertigung und Beglaubigung der Mon- 
archie auffassen, sondern selbstgeschaffene Lehren unter der 
Firma einer hohen Autorität, welcher zu widersprechen be- 
denklich ist, zu unfehlbaren Sätzen erheben, um den Gegner 
statt mit Gründen mit dem Anathem bekämpfen zu können. 
Zwar behauptet auch Stahl, ihm sei der göttliche Ur- 
sprung des Staats nur „der tiefere sittliche Grund“; aber 
diese Behauptung ist in seinem Munde ebenso unrichtig als 
unmöglich: unrichtig wegen der directen Beziehung, in welche 
Stahl jede Obrigkeit und jede Verfassung mit Gott bringt, 
unmöglich, weil ihm seine eigene Lehre untersagt, das Staats- 
recht aus dem Staate zu rechtfertigen, nachdem er es bereits 
aus dem Willen und der Sanction Gottes gerechtfertigt hat. 
Dazu kommt, daß dem Stahls'schen Legitimitätsprincip 
überhaupt ein eigentlich staatsrechtlicher Inhalt fehlt und fehlen 
muß: der Usurpator kann es ebenso gut wie der rechtmäßige 
Herrscher zu seinen Gunsten anrufen; denn Stahl selbst spricht 
die göttliche Sanction jeder Person, jeder Obrigkeit, somit auch 
dem Usurpator zu, und der im Legitimitätsprincip angeblich 
enthaltene Satz, daß die Throngelangung des Erbmonarchen 
von Gott sei, ist in gleichem Umfange und gleicher Bedeutung 
nach Stahl's eigener Lehre auf jede Obrigkeit, auch die un- 
1) Zachariä, a. a. O., I, 79.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.