192
Macht besitzt, und daß zu dieser Stellung wesentlich sein maß-
gebender durch das königliche Veto thatsächlich nicht beschränkter
Einfluß auf die Gesetzgebung des Landes belträgt. Aber
fraglich bleibt es doch immer, ob in der hervorragenden Theil-
nahme des Parlaments an der Gesetzgebung eine Verletzung
des monarchischen Princips erblickt werden dürfe. Stahl
freilich kann das monarchische Princip für verletzt erklären,
da er dasselbe nicht als einen einfachen Rechtsbegriff auffaßt,
sondern aus ihm die Forderung ableitet, daß der König „die
positiv -gestaltende Macht im Staat, der Führer der Ent-
wickelung“ sei. 1) Aber sehen wir von dieser willkürlichen
Forderung ab, welche nur der Despotismus oder die aus-
nahmsweise alle geistigen Kräfte des Volks überragende Ge-
nialität eines besonders begabten Herrschers, niemals aber
eine Verfassungsbestimmung erfüllen kann, so dürfen wir das
monarchische Princip nur dann für verletzt erklären, wenn
dem Parlament wirklich eine rechtliche Mitsouveränetät zu-
gesprochen werden muß. Allein gerade diese Behauptung Stahl's
ist nicht richtig.
Bekanntlich sind die englischen Juristen keineswegs Mei-
ster der juristischen Construction: sie stellen Rechtssätze und
Rechtsinstitute dar, wie sie ihnen äußerlich erscheinen, dringen
daher nur selten zum Princip durch, und sind ebendeshalb
gensthigt, in detaillirter Schilderung die einzelnen Wirkungen
und Ausflüsse bestimmter Rechtssätze zu entwickeln. So ist
es gekommen, daß die englischen Juristen dem Könige nicht
die gesammte Staatsgewalt als ein einziges Ganzes zu-
sprechen und nur ihre Ausübung durch die Rechte des Par-
laments, überhaupt der Nation beschränken, sondern dem
1) Stahl, a. a. O., S. 384.