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diese lediglich hinsichtlich ihrer Ausübung, d. h. hinsichtlich
der Setzung des Inhalts der gesetzgeberischen Thätigkeit an
den Consens der Stände gebunden — so kann doch für Deutsch-
land ebenso wenig wie für England geleugnet werden, daß die
gesetzgebende Gewalt eben um der zu ihrer Ausübung noth-
wendigen Mitwirkung zweier politischer Factoren willen äußer-
lich als zwischen dem Monarchen und den Landständen ge-
theilt erscheint. Ebenso wenig aber, wie wir auf Grund dieser
äußern Erscheinung der gesetzgebenden Gewalt diese den Land-
ständen theilweise zusprechen und letztere somit für verfassungs-
mäßige Mitsouveräne des eigentlichen Staatsoberhaupts er-
klären, ebenso wenig dürfen wir das englische Parlament
wegen seiner Theilnahme an der gesetzgebenden Gewalt für
den Träger einer ihm kraft eigenen Rechts zustehenden Mit-
herrschaft über das Land, d. h. einer wirklichen Souveränetit,
erklären. Niemand fällt es ein, aus der ungeschickten Aus-
drucksweise der preußischen Verfassung (Art. 62): „Die ge-
setzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und
durch zwei Kammern ausgeübt“, auf eine rechtlich anerkannte
Mitsouveränetät der preußischen Landstände zu schließen. Viel-
mehr ist der staatsrechtliche Inhalt dieses Satzes kein anderer
als derselbe Artikel in seinem zweiten Absatze besagt: „Die
Uebereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu
jedem Gesetz erforderlich.“ Das Gleiche gilt für die in der
Theilnahme an der Gesetzgebung zu Tage tretende verfassungs-
mäßige Stellung des englischen Parlaments: auch dieses ist
nicht wirklicher Mitgesetzgeber, sondern setzt mit einer aller-
dings thatsächlich beinahe zwingenden Gewalt nur den Inhalt
eines königlichen Erlasses fest, welcher zwar nur um dieser
Entstehung willen ein Gesetz sein kann, es aber doch der
Verfassung nach erst durch die Ertheilung der königlichen Sanr-