Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Stande wäre, die Staatsgewalt plötzlich brach zu legen und 
auf diese Weise den Staat in aller Form Rechtens nach freier 
Willkür umzuändern. Wesentliche Bedürfnisse des Staats 
sind in England in dauernder Weise gedeckt, sowol durch feste 
Staatseinnahmen als durch feste Ausgabeposten, und können 
auch dann in vollständig rechtmäßiger Weise von der Regierung 
befriedigt werden, wenn das Unterhaus das ganze Etatsgesetz 
verwerfen sollte. 1) Die Unterscheidung zwischen nothwendigen 
und freiwilligen Ausgaben, welche Stahl als eine Forderung 
des monarchischen Princips darstellt, besteht sonach in England 
zweifellos, wenn auch unter anderm Namen, und sogar die 
noch weiter gehende Forderung, das gesammte „raditionelle“ 
Budget mühsse gesetzlich festgestellt sein 2), ist in dem englischen 
Staatsrechte annähernd befriedigt. Wenn die Macht der Ge- 
setzebung auch auf dieses Gebiet umändernd einwirken kann, 
so ist dies vollständig im Einklange mit der Theilnahme an 
der Gesetzgebung, welche selbst Stahl für die Reichsstände 
fordert, ohne zu glauben, er trete deshalb dem monarchischen 
Princip zu nahe. Daß das Parlament seine ungeheuere Be- 
deutung zum weitaus größten Theil seinem Steuerbewilligungs- 
rechte zu verdanken hat, ist sicher; wir würden aber eine die 
Monarchie zerstörende Stellung des Parlaments nur dann 
anzunehmen im Stande sein, wenn es ein Recht besäße, das 
es nicht besitzt, das Recht nämlich, in regelmäßiger jährlicher 
Wiederkehr das Königthum durch die Gewährung seines Unter- 
halts ermöglichen, beziehentlich durch eine Verweigerung des- 
selben stürzen zu können. 
Dagegen wird jedermann geneigt sein, mit Stahl in der 
1) Gneist, Budget und Gesetz, S. 15. 
2) Stahl, a. a. O., S. 390, 391. 
14“
	        
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