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beseitigt, und das Parlament hat sich seit langem an diefer
einfachen Beseitigung des schuldigen Ministers genügen lassen. 1)
Wenn Stahl schließlich sagt, die englische Ministerver-
antwortlichkeit führe so weit, daß die Minister vom Könige gar
nichts mehr zu fürchten haben, so ist dies vollständig richtig.
Aber es gibt überhaupt kein civilisirtes Land, in welchem ein
Minister vom Könige etwas zu fürchten hätte. Strafen über
seine Minister zu verhängen, ist der König bei uns wie in
England ebenso außer Stande, wie irgendeinen andern Men-
schen zu bestrafen. Willkürsprüche und Drohungen stehen dem
Könige nach keiner Verfassung als rechtliche Mittel gegen einen
Minister zu. Vielmehr unterliegt eine Unterlassung der dem
Minister obliegenden Amtspflichten oder eine Verfassungsver-
letzung nirgends der richterlichen Cognition des Königs, und
nirgends kann derselbe persönlich sie in anderer Weise bestrafen
als durch ein Mittel, das auch das englische Staatsrecht dem
Könige einräumt, d. i. durch die Entlassung. Ein rechtliches
Mittel, Furcht zu erwecken, fehlt somit dem Monarchen überall,
wo er nicht unumschränkter und zugleich grausamer Despot ist,
und wenn die englische Verfassung die Minister in eine Lage
bringt, daß sie vom Monarchen nichts zu fürchten haben, so
bestimmt sie weder etwas Antimonarchisches noch etwas Be-
sonderes.
Wie die Unabhängigkeit der Minister vom Könige, so ist
auch die Abhängigkeit der Minister vom Parlament rechtlich
im wesentlichen keine andere als die der continentalen Minister
von den Landständen. Ueberall, wo die constitutionelle Staats-
form wirklich durchgeführt, also auch die Ministerverantwort-
lichkeit den Ständen gegenüber anerkannt worden ist, droht
1) Vgl. Gneist, a. a. O., II, 709, 710.