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weil dieses selbst ihm nur eine factische Stellung des Monarchen
bedeutet. Diese Auffassung widerspricht aber nicht blos der
Entstehungsgeschichte des monarchischen Princips, sondern er-
hebt dieses geradewegs zu der Lehre von einer außerhalb, be-
ziehentlich trotz der Verfassung bestehenden Machtstellung des
Königs, welche den Boden des Staatsrechts vollständig ver-
läßt und gewissermaßen thatsächlich dem Könige zu retten sucht,
was dieser in der Verfassung rechtlich aufgegeben und aufgeben
mußte. Denn wenn auch theilweise in andern Formen, bedarf
jede reichsständische Verfassung aller der Schutzwehren der
monarchischen Gewalt gegenüber, welche die englische Verfassung
errichtet hat, und Stahl selbst kann dies nicht leugnen. Seine
Behauptung, das monarchische Princip fordere eine Abschwächung
aller dieser Schutzmiktel, ist somit in Wahrheit nichts anderes
als die Forderung, daß eine reichsständische Verfassung den
Fürsten zwar rechtlich, aber nicht thatsächlich, zwar theoretisch,
aber nicht praktisch beschränken, mit andern Worten, daß sie
nie ernstlich gemeint sein dürfe. Vor allem zeigt sich dieser
innerste Kern der Stahl'schen Lehre in seiner Darstellung der
sogenannten parlamentarischen Regierung.
Diese besteht — bemerkt er 1) — darin, daß die Minister die
gesammte Regierung in ihre Hände gelegt bekommen und die-
selbe ohne alle Rücksicht auf den Willen des Königs und mit
unbedingter Rücksicht auf den Willen des Parlaments führen,
daß die Minister keine Einmischung des Königs dulden, weder
im einzelnen, noch im Princip, und daß sie nicht im Amte
bleiben, sowie sie das Vertrauen des Parlaments, insbesondere
des Unterhauses, nicht mehr besitzen, möge das durch ein aus-
drückliches Votum sich kundgeben, oder dadurch, daß sie bei
1) Stahl, a. a. O., S. 378.