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einer Abstimmung nicht die gehörige Majorität für ihre Vor-
schläge haben. ) Der König müsse daher die Führer der im
Hause überwiegenden Partei zu Ministern machen und diesen
die Regierung überlassen; kurz: „es erzeugt das Parlament
aus sich heraus die Minister, und diese regieren auf der Basis
der parlamentarischen Gesinnung als die gewählten Führer des
Parlaments, nicht als die Diener des Königs, oder mit andern
Worten, die im Parlament überwiegende Partei regiert jedes-
mal mittels ihrer Führer das Reich.“
Nun läßt sich keineswegs leugnen, daß diese Schilderung
der parlamentarischen Regierung im ganzen richtig ist, wenn
man es auch als übertrieben bezeichnen muß, daß Stahl be-
hauptet, die Minister regierten ohne alle Rücksicht auf den
Willen des Königs; ja die Ueberzeugung und der Wille des
letztern kämen gar nicht in Betracht. ) Vielmehr hat, wie
Bluntschli 3) mit Recht hervorhebt, die Geschichte Englands
vom König Georg III. an, also in einer Zeit, in welcher die
parlamentarische Regierung ihre eigentliche Blüte erreichte,
bewiesen, daß die Persönlichkeit des Souveräns auch in Eng-
land nicht indifferent ist. Daß der König gegenwärtig auf die
Staatsverwaltung im wesentlichen nur einen Einfluß factischer
Art übe 4), ist richtig; dieser Umstand würde aber die Mon-
archie nur dann aufheben, wenn der Monarch rechtlich auf
einen solchen beschränkt, also dem Rechte nach außer Stande
wäre, die in der Souveränetät enthaltenen Rechte geltend zu
machen. Dieser Fall liegt aber in England nicht vor; die das
1) Stahl, a. a. O., S. 378, 379.
2) Ebendas., S. 379.
3) Allgemeines Staatsrecht, 4. Aufl., I, 405, 438.
1) Stahl, a. a. O., S. 380.