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Wir brauchen ebendeshalb auch nicht ausführlicher auf
die Forderungen einzugehen, welche Stahl zum Zwecke einer
Wahrung seines monarchischen Princips aufstellt: sie sollen
sammt und sonders der stricte Gegensatz des parlamentarischen
Princips sein, eignen sich dazu aber um so weniger, als
Stahl für sie die rechtliche Feststellung verlangt, da er füg-
lich an den Monarchen nicht die Zumuthung stellen kann, in
ähnlicher Weise wie das Parlament das höchste moralische
Ansehen zu erwerben, ihm also das höchste rechtliche An-
sehen beilegen muß.
Außerdem sind die speciellen Folgerungen Stahl's aus
dem monarchischen Princip außerordentlich unklar und beweisen
deutlich, daß er in diesem keineswegs einen sichern Aus-
gangspunkt für seine Lehre von der ausschließlichen Admini-
strationsbefugniß des Souveräns 1) gefunden hat. Ehrlich und
theilweise richtig wären seine Ausführungen über die an-
geblichen Consequenzen des monarchischen Princips gewesen,
wenn er sie nicht als solche, sondern als die in Deutschland
zur Zeit noch nothwendigen Vorbedingungen eines gedeihlichen
politischen Lebens dargestellt, die parlamentarische Regierung
nur politisch reifern Völkern, als die continentalen Nationen
sind, gestattet und dies nicht aus dem Wesen der Monarchie,
sondern aus den histerischen Zuständen vor Einführung der
modernen Repräsentativverfassungen, d. h. aus dem absolut
regierten Beamtenstaat erklärt hätte. So spricht Dahlmann
offen aus: „Wir bedürfen eines Königs, der persönliches
Leben hat““2), und ein ähnlicher Ausspruch würde Stahl,
welcher doch selbst die Wahrung der geschichtlich überkommenen
1) Stahl, a. a. O., S. 385.
2) Politik, 3. Aufl., S. 109.