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rechtlichen Zustand vollständig Entzogenes geblieben. Dem
widersprachen aber die vorhandenen Verhältnisse auf das un-
zweidentigste, und so wären die treuen Anhänger des Legiti-
mitätsprincips endlich in die Lage gekommen, ein Staats= und
Völkerrecht vorzutragen, das zwar einmal bestanden haben
mochte, aber den Angriffen der Neuzeit zweifellos unter-
legen war.
Das klägliche Scheitern aller auf die Herstellung einer
Alleinherrschaft des Legitimitätsprincips gerichteten Unterneh-
mungen mußte deshalb ebenso wie die Bildung illegitimer
Staaten und die Erwerbung der Herrschaft von seiten illegi-
timer Fürsten die praktische wie die theoretische Politik endlich
dazu zwingen, in einer oder der andern Weise mit diesen lei-
digen, aber nicht wegzuleugnenden unrechtmäßigen Rechtsord-
nungen sich abzufinden.
Wir haben schon mehrfach auf solche Abfindungen mit
dem Legitimitätsprincip aufmerksam gemacht. Stahl hatte
ebenso wie Malte-Brun dem Ablaufe einer langen Zeit die
Fähigkeit beigelegt, eine ursprünglich illegitime Dynastie in
eine legitime zu verwandeln. Wir haben aber auch bereits
hervorgehoben, daß diese Anschauungen von der Legitimirung
illegitimer Fürstenhäuser den eigentlichen Inhalt der Legilimität
aufgeben; in Wahrheit wird die letztere durch diese Lehre ihres
juristischen Charakters entkleidet und den legitimen Fürsten
nicht eine der juristischen Prüfung gegenüber stichhaltige Recht-
mäßigkeit, sondern der Zauber ehrwürdigen Alters ihrer
Herrschaft, eine historische, rein factische Weihe zugesprochen.
Mögen auch die civilisirten Nationen dieser durch die Geschichte
gewährten Ehrwürdigkeit nur im Falle äußerster Noth und
verwerflichster Misregierung ihre Anerkennung versagen, mögen
auch sicherlich viele Throne ihr festes Bestehen zum großen