Full text: Das Legitimitätsprincip.

242 
Staatsrecht kämen nicht selten Fälle vor, „worin die sichere 
Erledigung schwankender, zweifelhafter Verhältnisse, welche im 
Privatrecht auf so wohlthätige Weise durch Usucapion oder 
Klagverjährung bewirkt werde, als ein ebenso unabweisliches 
Bedürfniß erscheine“. Da aber hierbei das ordnende Ein- 
greifen des Gesetzgebers fehle, so breche sich zwar auch ras 
Bedürfniß seine Bahn, jedoch so, daß wir die festen Zeit- 
grenzen vermissen, die sich im Priratrechte überall finden. 
Als Beispiel führt Savigny hierfür die englische Revolution 
des Jahres 1688 an, nach welcher es auch einem strengen 
Gewissen lange Zeit zweifelhaft bleiben konnte, ob eine recht- 
mäßige Veränderung vorgegangen, oder bloße Gewalt geübt 
worden sei. Ja, Savigny meint, „wenn die Stuarts siegreich 
zurückgekehrt wären, so würde ihnen die Anerkennung ihres 
fortdauernden Rechts nicht gefehlt haben“. Dagegen habe 
England und Europa längst aufgehört gehabt, an dem recht- 
mäßigen Thronbesitz des Hauses Braunschweig zu zweifeln, 
als der Stuart'sche Königsstamm endlich im Jahre 1806 in 
der Person des Cardinals von York erlosch. Niemand könne 
hier und in ähnlichen Fällen ein Jahr angeben, worin der 
Zweifel in Gewißheit übergehe. Wohl aber lasse sich die Be- 
dingung dieses Uebergangs durch allgemeine Charaktere be- 
zeichnen: „Wenn der gegenwärtige Zustand schon so lange be- 
steht, daß die jetztlebende Generation keinen andern gekannt, 
ja selbst von ihren nächsten Vorfahren keinen andern, als 
von diesen selbst erlebt, erfahren hat, dann kann man an- 
nehmen, daß dieser Zustand mit den Ueberzeugungen, Ge- 
fühlen und Interessen der Nation gänzlich verschmolzen ist, und 
so ist denn dasjenige vollendet, was man die publicistische 
Verjährung nennen könnte.“ Dies aber sei der Charakter
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.